Schmerzen

Akuter und chronischer Schmerz

Jeder dritte Erwachsene in Deutschland leidet unter häufigen und wiederkehrenden Schmerzen. 7,5 Millionen Menschen haben chronische Schmerzen, 600.000 Patienten benötigen eine spezielle Schmerztherapie. Grundsätzlich wird zwischen akuten und chronischen Schmerzen unterschieden.

Der akute Schmerz

...hat eine schützende Warnfunktion und tritt bei Brandwunden, Entzündungen oder anderen Verletzungen auf. Er ist zeitlich begrenzt und kann erfolgreich behandelt werden, indem man die jeweilige Ursache beseitigt.

Der chronische Schmerz

... hält über Monate an und es hilft meist auch nicht, wenn lediglich der Auslöser therapiert wird. Dieser Schmerz verliert seinen Sinn als Signal vor Gefahr und entwickelt sich mit der Zeit zu einem eigenständigen Krankheitsbild, das individuell behandelt werden muss. Wenn Schmerzsignale sich ständig wiederholen, können sich Nervenfasern dauerhaft verändern und es entwickelt sich ein Schmerzgedächtnis. Veränderte Nervenzellen reagieren empfindlicher auf Schmerzreize, so dass oft schon eine Berührung als Schmerz wahrgenommen wird. Es können aber auch ohne äußeren Reiz Schmerzen ausgelöst werden. Deshalb ist es wichtig, den Teufelskreis durch eine gezielte Behandlung zu durchbrechen.

Fragen vor der Behandlung

Diese Fragen sollten Sie vor einer Therapie gemeinsam mit Ihrem Arzt beantworten:

  • Wann haben die Schmerzen begonnen?
  • Wo treten die Schmerzen auf?
  • Welcher Art sind die Schmerzen?
  • Wie stark sind die Schmerzen?
  • Wie häufig treten die Schmerzen auf?
  • Wann treten die Schmerzen gehäuft auf?

Ihre Einschätzung der Schmerzintensität gibt dem Arzt Hinweise für die Dosierung der Schmerzmittel und ihre Wirksamkeit im Verlauf der Behandlung.

Stufenschema der Schmerztherapie

In der Medizin werden zwei große Gruppen von Analgetika, so die medizinische Bezeichnung von Schmerzmitteln, unterschieden:

  • Wirkstoffe, die vor allem im peripheren Nervensystem ansetzen - also dort, wo Schmerzreize wahrgenommen werden. Sie bewirken, dass die Zahl der Nervenimpulse sinkt und die Schmerzempfindung nachlässt. Acetylsalicylsäure und Paracetamol sind alt bewährte Vertreter dieser Gruppe. Bei andauernder und hoch dosierter Einnahme sind organschädigende Nebenwirkungen allerdings nicht auszuschließen.
  • Medikamente, die im zentralen Nervensystem (Rückenmark und Gehirn) wirken, hemmen die Erregbarkeit von Nervenzellen. Morphin und seine chemischen Verwandten, die Opioide, gehören in diese Gruppe. Opioide eignen sich besonders für die Behandlung starker und stärkster Schmerzen.

Welche Medikamente der Arzt Ihnen verschreibt, hängt von der Intensität der Schmerzen ab. Das Stufenschema der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellt dabei eine wichtige Orientierungshilfe dar:

Die Medikamente der Stufe I des WHO-Schemas wirken unter anderem schmerzstillend und teilweise auch entzündungshemmend. Zu diesen Schmerzmitteln gehören beispielsweise Diclofenac oder Ibuprofen. Wenn mit den Präparaten dieser Stufe keine ausreichende Linderung mehr zu erreichen ist, können sie in der zweiten Stufe mit morphinähnlichen, so genannten schwachen Opioiden, kombiniert werden. Erzielt die zulässige Höchstdosis dieser Mittel keine ausreichende Schmerzlinderung mehr oder sind die Nebenwirkungen stärker als der Nutzen, werden sie durch stark wirksame opioidhaltige Schmerzmittel ersetzt.

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Behandlung mit Opioiden

Dies sollten Sie über die Behandlung mit Opioiden wissen:

  • Die Einnahme erfolgt nach einem festen Zeitschema. Nicht nach Bedarf! So wird ein gleichmäßig hoher Wirkstoffspiegel gesichert und das erneute Auftreten von Schmerzen verhindert. Langwirksamen Medikamenten wird der Vorzug gegeben, da sie den Tagesablauf nicht unterbrechen und so ein normales Leben ermöglichen. Ein Pflaster, das den Wirkstoff Fentanyl enthält, wirkt z. B. über 72 Stunden.
  • Im zentralen Nervensystem gibt es für Opioide besondere Rezeptoren. Dabei handelt es sich um Stellen an der Oberfläche von Nervenzellen, an denen diese Substanzen gebunden werden können. Geschieht dies, werden die Nervenzellen gehemmt und ihre Erregbarkeit ist verringert. Sie nehmen Schmerznachrichten nur noch mit geringerer Empfindlichkeit oder gar nicht mehr auf. Der Körper bildet kurzfristig zum Schutz vor unerträglichen Schmerzen selbst opioidähnliche Substanzen, die Endorphine.
  • Die häufigsten Nebenwirkungen bei der Behandlung mit opioidhaltigen Schmerzmitteln sind Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit oder Verstopfung. Diese typischen Nebenwirkungen klingen jedoch meist nach etwa zwei Wochen ab oder lassen sich in den meisten Fällen durch entsprechende Medikamente behandeln.
  • Angst vor Abhängigkeit ist unbegründet. Körperliche Abhängigkeit ist während der Therapie kein Problem, da die benötigte Substanz regelmäßig zugeführt wird. Sind die Medikamente nicht mehr nötig, werden sie langsam abgesetzt. Diesen Vorgang nennt man "Ausschleichen". Zu einer psychischen Abhängigkeit kommt es bei richtiger Therapie nicht, da das Medikament gleichmäßig und langsam an den Körper abgegeben wird und der Wirkstoffspiegel über lange Zeit gleich hoch bleibt. Eine aufputschende Wirkung wird vermieden.

Behandlung ohne Medikamente

Verspannung verursacht Schmerzen, Entspannung lindert sie. Spezielle Techniken erleichtern die Fähigkeit zu entspannen oder beseitigen Fehlhaltungen des Körpers, die Schmerzen verursachen:

  • Mit autogenem Training lernen Sie, Puls, Atmung und Hautdurchblutung zu verbessern.
  • Die progressive Muskelrelaxion nach Jacobsen ist relativ einfach zu erlernen und hilft, einzelne Muskeln kontrolliert anzuspannen und wieder zu entspannen.
  • Beim Biofeedback können Sie Ihre eigenen Muskelanspannungen auf einem Bildschirm oder durch ein akustisches Signal erkennen. So wird beispielsweise ein angenehm tiefer Ton erzeugt, wenn der Muskel entspannt ist, ein unangenehm hoher, wenn er angespannt ist.
  • Ziel der Hypnose ist es, Ängste und Stress abzubauen und Ihnen damit Kontrolle über sich selbst und Ihre Schmerzen zu geben.
  • Die Krankengymnastik (Physiotherapie) versucht durch aktive, planmäßige körperliche Bewegungsübungen Fehlhaltungen des Körpers zu beseitigen. Durch spezielle Techniken können beispielsweise Fehlstellungen der Gelenke oder Nervenschmerzen behoben werden.
  • Passive Maßnahmen der physikalischen Therapie wie Massage, Akupunktur, Wärme- oder Elektrobehandlung sind als ergänzende Therapien ebenfalls wirksame Hilfen bei chronischen Schmerzen.

Unterstützende Medikamente

Je nach Schmerzursache kann die Anwendung einer begleitenden Medikation die Behandlung mit Schmerzmedikamenten sinnvoll ergänzen. So können Antidepressiva in bestimmten Fällen die Wirkung von Schmerzmitteln verstärken und gleichzeitig die Stimmungslage aufhellen. Krampflösende Medikamente, die man als Antikonvulsiva bezeichnet, werden bei einschießenden Nervenschmerzen eingesetzt. Schwellungen des Körpergewebes, die durch einen Tumor hervorgerufen worden sind und Schmerzen bereiten, können durch die abschwellende Wirkung von Kortisonpräparaten behandelt werden.

Das können Sie selber tun

  • Ein Schmerztagebuch ist sinnvoll. Mehrmals täglich notieren Sie hier die aktuelle Schmerzstärke, Sie machen Angaben über Ihr allgemeines Befinden und über Ihren Medikamentenbedarf. Diese Informationen sind nicht nur für den Arzt wichtig. Auch Sie selbst finden heraus, welche Aktivitäten und Ablenkungen Einfluss auf die Schmerzen haben.
  • Achten Sie auf eine gesunde Ernährung und regelmäßigen Schlaf. Trinken Sie nicht übermäßig viel Alkohol.
  • Konzentrieren Sie sich auf die positiven Dinge des Lebens.
  • Nehmen Sie den Schmerz ernst, aber lassen Sie sich nicht von ihm beherrschen.
  • Spielen Sie nicht den Helden. Schmerzen muss man nicht aushalten. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, wenn die Schmerzen nicht ausreichend gelindert sind oder schlimmer werden.
  • Suchen Sie neue Herausforderungen, die Ihnen Spaß machen und die Sie bewältigen können, ohne sich dabei zu überfordern.
  • Gehen Sie unter Menschen, denn Einsamkeit verstärkt das Schmerzempfinden.
  • Schließen Sie sich einer Selbsthilfegruppe an. Dort finden Sie Gesprächspartner, die selbst mit Dauerschmerzen leben.

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