Allergie

Was ist eine Allergie?

Bei einer Allergie zeigt das Immunsystem Abwehrreaktionen gegen Substanzen, die eigentlich den Menschen nicht bedrohen wie zum Beispiel gegen Blütenpollen, Hausstaubmilben, Tierhaare, Kuhmilch, Insektengift, Medikamente oder Metalle.
Das Immunsystem kann nicht mehr richtig einschätzen, ob der "Eindringling" (in der Regel ein körperfremdes Eiweiß) die Gesundheit gefährdet, und reagiert viel heftiger, als es notwendig wäre - mit Juckreiz, Schleimhautreizungen, Ausschlägen, Magen-Darm-Beschwerden oder Atemproblemen. Hierbei können Allergien jedoch unterschiedlich schwer verlaufen - vom leichten Schnupfen bis hin zum lebensbedrohlichen Schock.

Beim ersten Kontakt mit dem Allergen treten noch keine Symptome auf, lediglich das Immunsystem wird aktiviert und erzeugt Antikörper. Diese Antikörper rufen beim nächsten Kontakt mit demselben Allergen dann die allergischen Reaktionen hervor.
Allergien können alle Organe betreffen, doch am häufigsten befallen sind Haut und Schleimhäute.

Häufigkeit von Allergien

Mehr als ein Drittel aller Deutschen leidet an einer allergischen Erkrankung - Tendenz steigend. Zunehmend betroffen sind auch Kinder, mindestens jedes Fünfte entwickelt eine Allergie.

Allergien sind häufig "Familiensache", denn die Veranlagung zu allergischen Erkrankungen wie Neurodermitis, Heuschnupfen oder Asthma ist vererbbar. Das höchste Risiko besteht, wenn beide Eltern Allergiker sind, dann beträgt die Wahrscheinlichkeit 60 Prozent, dass auch das Kind eine Allergie entwickeln wird.

Ist ein Geschwister allergisch, liegt das Allergierisiko bei 25 bis 35 Prozent. Sind innerhalb der Familie keine Allergien bekannt und gibt es auch keine Anzeichen auf allergische Reaktionen in der persönlichen Krankengeschichte, liegt die Wahrscheinlichkeit, eine Allergie zu entwickeln, immerhin trotzdem bei 5 bis 15 Prozent.

Natürlich spielen Umwelteinflüsse wie Schadstoffe, Allergene (d. h. Allergie auslösende Substanzen) in Nahrungsmitteln oder Stress für den Ausbruch einer Allergie ebenfalls eine entscheidende Rolle.

Allergische Reaktionstypen

Die heutige Klassifikation von 4 häufigen allergischen Reaktionstypen wurde vor ca. 40 Jahren vorgeschlagen. Auch wenn sie aus immunologischer Sicht nicht ganz exakt und umfassend ist, haben sie sich aus didaktischer Sicht bewährt:

Typ I:

Die Symptome treten nur wenige Minuten nach erneutem Eindringen des Allergens auf.

Es liegt eine allergische Soforttypreaktion vor.

Typ II + Typ III:

Treten die Symptome erst nach einigen Stunden auf, spricht man von verzögerten Reaktionen.

Typ IV:

Dauert es 24 Stunden oder Tage bis zum Auftreten der Symptome, liegt eine allergische Spätreaktion vor.

Die unterschiedliche Reaktionsweise ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, auf die weiter unten näher eingegangen wird.

Die genetisch bedingte Veranlagung (Disposition) macht bestimmte Personen besonders empfindlich gegenüber allergieauslösenden Stoffen, denen man oftmals nur bedingt ausweichen kann. Die häufigsten Auslöser von Typ I Reaktionen sind Pollen, Hausstaubmilben, Tierallergene und Nahrungsmittel. Betroffene Personen leiden vermehrt an Heuschnupfen (Rhinitis, Konjunktivitis), allergischem Asthma bronchiale und/oder atopischem Ekzem (Neurodermitis).

Die Betroffenen haben eine vererbte, bereits bei der Geburt vorliegende erhöhte Bereitschaft, auf die aus der Umwelt einströmenden Allergene schneller, leichter und stärker zu reagieren. Die Sensibilisierung z.B. gegenüber Kuhmilch, Pollen und Milben tritt häufig bereits im Säuglings- und Kleinkindalter ein. Eine allergische Reaktion ist immer spezifisch und richtet sich nur gegen das oder die entsprechenden Allergene.
Art und Molekülgröße des Allergens bestimmen den Typ der erworbenen Reaktionsform. Große Moleküle (z.B. aus Pollen, Sporen, Nahrungsmitteln, von Milben oder Tierhaaren) können in der Regel nur über die Schleimhäute der Augen, der Nase, des Mundes, Rachens, der Lunge und des Magen-Darm-Traktes eindringen. Bis die allergische Reaktion auftritt, vergehen nur 15 bis 30 Minuten; daher kommt die Bezeichnung Allergie vom Früh- oder Sofort-Typ (Typ I). Die Symptome umfassen Tränen der Augen, Heuschnupfen, Nesselsucht, Schwellungen der Lippe und der Zunge, Durchfall, Atemnot, Blutdruckabfall sowie den allergischen Schock. Um diesen Allergie-Typ nachweisen zu können, muss die Haut (Hornschicht) durch einen kleinen Einstich (engl. “prick”) verletzt werden, um das Allergen mit dem Antikörper, der bereits bei einem früheren Kontakt gebildet wurde, in Berührung zu bringen (Pricktest). Bildet sich nach 15 Minuten eine Quaddel mit einem rötlichen Rand, so zeigt dies die allergische Frühreaktion an. Auch eine exakte Bestimmung der Menge der gebildeten IgE-Anti-körper im Serum ist möglich (CAP- oder RAST-Methode).

Bei der Typ-II-Reaktion (zytotoxischer Typ) tritt die Reaktion nach zwei bis vier Stunden auf. Der Antikörper bindet sich an ein Antigen, das an der Oberfläche bestimmter Zellen (z.B. Blutzellen) fixiert ist und löst dort eine Zellzerstörung aus. Zu den Erscheinungsbildern dieses Reaktionstyps zählen die Agranulozytose, Thrombozytopenien, die zu Einblutungen führen können, und die hämolytische Anämie.

Die Typ-III-Reaktion ist durch eine kurze Frühphase und einen Höhepunkt der allergischen Symptome in der 6. Stunde gekennzeichnet. Nach anfänglichem Husten und Niesen treten nach 4-6 Stunden Abgeschlagenheit, Gliederschmerzen, Spannungsgefühl der Brust und Fieber (bis 40°C) auf. Die Symptome ähneln einem grippalen Infekt.

Die Typ-III- Allergie kann durch organische Stoffe hervorgerufen werden, z.B. Bestandteile der Sporen von Schimmelpilzen. Die Antikörper bilden mit dem hochmolekularen Allergen einen Komplex, der sich an der Lunge, den Nieren oder den Gelenken absetzt und die Symptome auslöst. Wenn die Lunge betroffen ist, spricht man von Pilzzüchter-, Farmer-, Paprikaspalter-, Korkarbeiter-, Holzfaser- und Taubenzüchter-Lunge. Bei einer anderen Form der Typ III Reaktion kommt es zur Entzündung der kleinen Venolen (Vasculitis allergica).

Im Gegensatz zur Allergie vom Früh- und verzögerten Typ sind die Allergene beim Spät- oder Ekzem-Typ sehr klein (Typ IV). Sie besitzen die Fähigkeit durch die Hornschicht der Haut in den Körper einzudringen. Sie müssen aber erst durch bestimmte Zellen, die vorwiegend in der Oberhaut angereichert sind (Langerhans-Zellen), gebunden und aufgearbeitet werden.

Es vergeht daher viel Zeit vom Eindringen des Allergens bis zum Auftreten der Symptome. Der Höhepunkt liegt gewöhnlich zwischen der 70. und 80. Stunde. Das wichtigste Beispiel einer Typ IV Reaktion ist das allergische Kontaktekzem, das als Entzündungsreaktion an jener Stelle auftritt, an der das Allergen in die Haut eindringen konnte. Findet keine neue Allergenzufuhr statt, bildet sich die Hautentzündung nach drei bis vier Tagen zurück.

Bei geschädigter Haut können die Kontaktallergene leichter eindringen, dadurch ist eine schnellere Sensibilisierung der Haut möglich (besonders betroffen sind bestimmte Berufsgruppen wie beispielsweise Frisöre und Personen mit bestimmten Hauterkrankungen).

Eine Kontaktallergie kann mit dem sogenannten Epikutantest (Läppchentest, Patchtest) nachgewiesen werden. Dafür werden geringe Mengen des Allergens in niedriger, nicht reizender Konzentration für 24 Stunden auf die Haut aufgetragen. 72 Stunden später wird die Testreaktion abgelesen.
Führt der Weg des Kontaktallergens in den Organismus nicht über die Haut, findet gewöhnlich keine Sensibilisierung statt und bei bereits bestehender Sensibilisierung bleibt eine Entzündungsreaktion aus. Dies gilt z.B. für viele Kontaktallergene, die auch essbar sind.

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Einflussfaktoren

Neben der individuellen genetisch bedingten Veranlagung (genetische Disposition) haben Zeitablauf, Menge und Art des einwirkenden Allergens einen wesentlichen Einfluss auf die Entstehung einer Allergie.

Ein einmaliger Kontakt mit dem fremden Stoff (bzw. erstmaliger Einstrom des Allergens) führt in der Mehrzahl der Fälle (noch) nicht zur Entwicklung einer spezifischen Überempfindlichkeit.

Erst der wiederholte Einfluss des Allergens bewirkt durch die Bildung von Antikörpern (Allergie vom Früh- und verzögerten Typ) bzw. von spezifisch sensibilisierten Zellen (T-Lymphozyten) (Allergie vom Spättyp) eine Sensibilisierung. Diese hängt entscheidend davon ab, wie oft und in welchen Mengen der Stoff in den Organismus eindringt und welche arteigene Sensibilisierungskraft er besitzt.

Allergene mit hohem Sensibilisierungsvermögen (“starkes Allergen”) verursachen in der Regel schon nach wenigen Kontakten (Inhalation, Ingestion, direkter Kontakt) eine SensibilisierungAls Beispiel seien der Kontakt mit hohen Konzentrationen von p-Phenylendiamin (ein dunkler Farbstoff, Typ IV-Reaktion) oder mit dem Antigen aus der Ricinusbohne (Typ I) angeführt.

Mittelstarke oder schwach wirksame Allergene (Antigene) können hingegen über lange Zeiträume auf den Organismus einwirken, ohne dass es zu einer Sensibilisierung kommt. Intensität und Dauer der Einwirkung bestimmen somit wesentlich die Entwicklung (das Erwerben) einer Allergie. Hierbei spielen besonders der Umgang mit allergieauslösenden Stoffen aus dem Beruf bzw. der ständige Kontakt (Einstrom) mit solchen aus dem privaten Bereich (Umwelt, Haushalt, Hygiene, Hobby, persönliche Gewohnheiten, z.B. Rauchen) eine Rolle.

Besteht bereits eine Sensibilisierung, muss bei erneuter gleichstarker Einwirkung des Allergens durch die Vermehrung der Gedächtniszellen mit einer allergischen Reaktion gerechnet werden. Anders als bei Giftstoffen kann bei der allergischen Reaktion die Tendenz zur ständigen Verschlimmerung bestehen.

Schließlich genügen bei einem sehr hohen Sensibilisierungsgrad bereits geringste Mengen, um eine explosionsartig überschießende Antwort des Körpers auszulösen. Wird der verursachende Stoff (Allergen) jedoch strikt gemieden, so kann trotz hoher spezifischer Überempfindlichkeit über lange Zeiträume völlige Beschwerdefreiheit erreicht werden.
Allerdings bleibt die immunologische Erinnerung an das Allergen in Form von Gedächtniszellen über Jahrzehnte gespeichert.

Die symptomatische Behandlung mit Medikamenten wie Antihistaminika bei allergischen Frühreaktionen oder Kortikosteroiden (Früh- und Spättyp) führt zwar zu einer vorübergehenden Unterdrückung der allergischen Reaktion, nicht aber zur Wiederherstellung des Zustandes, der Eintritt der Sensibilisierung bestand.