HPV-Impfung bei > 17-Jährigen und nach Konisation

Seit Januar 2020 gibt es Neuerungen in der Früherkennung des Zervixkarzinoms für gesetztlich versicherte Frauen: Der jährliche Pap-Abstrich wird bei Frauen zwischen 20 und 34 Jahren weiterhin durchgeführt. Für Frauen ab 35 Jahren wird alle drei Jahre eine Kombinationsuntersuchung, bestehend aus einem HPV- und Pap-Test, angeboten. Manche der auf HPV-getesteten Frauen stellen mir jetzt die Fragen

  • Wenn der HPV-Test negativ ausfällt, würde sich für mich eine HPV-Impfung lohnen?
  • Könnte eine Impfung bei einem positiven HPV-Test auch noch einen Sinn haben?

Frage:

Immer wieder gibt es auch Diskussionen, ob nach einer Konisation eine HPV-Impfung erfolgen sollte oder nicht. Wie sehen Sie das?

Antwort:

Die STIKO empfiehlt die HPV-Impfung für Mädchen und Jungen zwischen 9 und 14 Jahren. Fehlende Impfungen sollten bis zum Alter von 17 Jahren nachgeholt werden (1).

Je nach individueller Lebensführung können aber auch ältere Personen von der HPV-Impfung profitieren. Ein neuer Sexualpartner ist in jedem Alter eine potentielle Quelle für eine neue HPV-Infektion. Personen mit einem besonderen sexuellen Verhalten (z. B. MSM), aber auch immunsupprimierte Personen haben ein erhöhtes Risiko für eine Neuinfektion und könnten von einer Impfung profitieren (2, 3). Das sollte immer im Einzelfall zwischen Arzt/Ärztin und Patient/Patientin besprochen werden. Die Ständige Impfkommission (STIKO) erläutert in ihren aktuellen Empfehlungen: “ Personen, die älter als 17 Jahre sind und keine Impfung gegen HPV erhalten haben, können ebenfalls von einer Impfung gegen HPV profitieren, jedoch ist die Wirksamkeit der Impfung bei nicht HPV-naiven Personen reduziert. Es liegt in der ärztlichen Verantwortung, nach individueller Prüfung der Impfindikation PatientInnen auf der Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen. Die Kostenübernahme muss individuell geklärt werden. Geimpfte Personen sind darauf hinzuweisen, dass die Impfung mit den aktuell verfügbaren Impfstoffen nicht gegen alle potenziell onkogenen HPV-Typen schützt. Frauen sollen deshalb die Früherkennungsuntersuchungen zum Gebärmutterhalskrebs weiterhin in Anspruch nehmen.“ (1)

ÄrztInnen können im Rahmen der Impfstoffzulassung auch Frauen und Männer über 17 Jahre gegen HPV impfen. Alle verfügbaren HPV-Impfstoffe sind ohne Altersbegrenzung ab einem Alter von 9 Jahren zugelassen.

Die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) bzw. die ACIP, das amerikanische Pendant zur STIKO (Advisory Committee on Immunization Practices) empfiehlt die Impfung bereits für alle von 9 bis 26 Jahren und daneben für bestimmte Personen zwischen 27 bis 45 Jahren: “In June 2019, ACIP recommended catch-up HPV vaccination for all persons through age 26 years. ACIP did not recommend catch-up vaccination for all adults aged 27 through 45 years, but recognized that some persons who are not adequately vaccinated might be at risk for new HPV infection and might benefit from vaccination in this age range; therefore, ACIP recommended shared clinical decision-making regarding potential HPV vaccination for these persons.” (3)

Auch die Sächsische Impfkommission (SIKO) empfiehlt bereits die Impfung bis 26 Jahre (4).

Auf die Frage der HPV-Impfung nach Konisation geht die S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientin mit Zervixkarzinom ein: „Nach operativer Therapie der Dysplasie kann eine Impfung das Rezidivrisiko verringern“ (5). Auch in der S3-Leitlinie „Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien“ wurde ein positiver Effekt der HPV-Impfung, also reduzierte Rezidivraten, festgestellt, und zwar sowohl bei prä- wie nach postoperativer Verabreichung (6).

Auch eine neue Studie vom Mai 2020, publiziert in Vaccine, kommt zu diesem Ergebnis“. (7)

Problem: eingeschränkte Verfügbarkeit von Impfstoffen

Ein Problem, das im Moment besteht, ist die eingeschränkte Verfügbarkeit des 9-fach-Impfstoffes, so das Paul-Ehrlich-Institut (8). Dazu gibt die STIKO folgenden Hinweis für die Durchführung der Standardimpfung gegen HPV (9):

„Bei mangelnder Verfügbarkeit von Gardasil® 9 in der Praxis sollten vorrangig bisher ungeimpfte Kinder im Alter von 9-14 Jahren die erste  Impfdosis mit Gardasil® 9 erhalten. Eine frühestmögliche Impfung (ab 9 Jahren) ist aus Gründen der besseren Immunantwort anzustreben. 2. und ggf. 3. Impfdosen sollten bis zur ausreichenden Verfügbarkeit des Impfstoffes verschoben werden. Das gilt auch dann, wenn der Abstand zwischen erster und folgender Impfung, der nach Fachinformation für Gardasil® 9 (Stand November 2019) beim 2-Dosen-Schema zwischen 5 und 13 Monaten liegen sollte, dadurch überschritten wird. Der alternativ verwendbare Impfstoff Cervarix® wird wegen seiner ebenfalls nur begrenzten Verfügbarkeit den bestehenden Mangel an Gardasil® 9-Impfstoffdosen nicht ausgleichen können.“


Quellen:

  1. Epid. Bulletin 34/2019, STIKO-Empfehlungen 2019/2020 https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2019/Ausgaben/34_19.pdf?__blob=publicationFile
  2. CDC MMWR: https://www.cdc.gov/mmwr/volumes/68/wr/pdfs/mm6832a3-H.pdf.
  3. CDC Ask the Experts: https://www.immunize.org/askexperts/experts_hpv.asp
  4. Synopsis-Impfkalender für Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Freistaat Sachsen, Stand: 1. Januar 2020 https://www.slaek.de/media/dokumente/02medien/Patienten/gesundheitsinformationen/impfen/Synopsis_2020.pdf
  5.  S 3 Leitlinie: Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientin mit Zervixkarzinom, Stand 15.10.2014 (in Überarbeitung), gültig bis 31.10.2019
  6. S3-Leitlinie, Evidenz- und konsensbasierte Leitlinie Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien - Langfassung , AWMF-Register Nr.: 082-002, 29-31, 2020, Stand Mai 2020
  7. HPV Vaccination as Adjuvant to Conization in Women with Cervical Intraepithelial Neoplasia: A Study under Real-Life Conditions, Vaccinee 2020, 8(2),245, https://www.mdpi.com/2076-393X/8/2/245/htm
  8. Paul-Ehrlich-Institut: Lieferengpässe von Human-Impfstoffen, Stand 06.08.2020 https://www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoffe/lieferengpaesse/lieferengpaesse-node.html
  9. Mitteilungen der STIKO zum Impfen bei eingeschränkter Verfügbarkeit von Impfstoffen, Stand 10.07.2020 https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Lieferengpaesse/Lieferengpaesse_node.html#doc6917942bodyText5