Borreliose

Allgemeines

Laut Robert Koch-Institut ist Borreliose die häufigste durch Zecken (Ixodes ricinus) übertragene Infektionskrankheit in Europa. Schätzungen zu Folge erkranken in Deutschland jährlich etwa 80.000 Menschen neu. Basierend auf Analysen von Arztabrechnungen kam eine Studie auf jährlich 214.000 Patienten. Erreger sind die zu den Bakterien gehörenden Borrelien, von denen es verschiedene Subtypen mit unterschiedlicher Pathogenität gibt. Die korkenzieherförmigen Bakterien leben im Darm von  Zecken und gelangen beim Blutsaugen über Ausscheidungen der Parasiten in die Stichwunde.
Im Gegensatz zur FSME gibt es hierzulande gegen Borreliose keine Impfung für den Menschen. In den USA gab es ein Zeit lang  eine Impfung gegen die Lyme-Borreliose. Da dieser Impfstoff nicht alle der in Deutschland verbreiteten Erregertypen enthielt, wurde diese Impfung hier nicht zugelassen. In den USA wurde der Impfstoff  vom Markt genommen. Wegen der Heterogenität der Borrelien-Stämme ist die Entwicklung eines wirksamen Impfstoffes für Europa schwierig.

Wie hoch ist das Risiko, sich zu infizieren?

Die Durchseuchungsrate der Zecken mit Borrelien schwankt sehr stark. Man geht davon aus, dass in Deutschland etwa 5–35 Prozent der Zecken mit den Erregern befallen sind. Allerdings führt nicht jeder Stich zu einer Infektion und nicht jede Infektion zu einer Erkrankung: Schätzungen zufolge kommt es nach einem Zeckenstich nur bei  2,6 bis 5,6 Prozent der Betroffenen zu einer Infektion (Nachweis durch Antikörper) und bei 0,3–1,4 Prozent zu einer Erkrankung.

Die Tatsache, dass viele Menschen im Laufe ihres Lebens mit Borrelien in Kontakt kommen, zeigt sich in der Häufigkeit, mit der Antikörper im Blut gefunden werden. Diese Antikörper weisen auf eine durchgemachte oder bestehende Infektion hin. In einer großen bundesweiten Studie konnte gezeigt werden, dass der Prozentsatz von Borrelien-Antikörpern im Blutserum mit zunehmendem Alter der Bevölkerung ansteigt und in der Gruppe der 14 bis 17 -jährigen bereits 7 Prozent erreicht. Bei Erwachsenen steigt der Prozentsatz der Borrelien-Antikörper weiter an. In der Gruppe der 70 bis 79-jährigen sind 24 Prozent der Männer und 16 Prozent der Frauen seropositiv. (4)

Die Gefahr, an Lyme-Borreliose zu erkranken, wird oftmals unterschätzt, denn...

  • man kann sich überall in Deutschland mit Borrelien infizieren,
  • die Durchseuchung der Zecken mit Borrelien ist hoch,
  • es gibt keine Impfung gegen Borreliose.

Krankheitsbild

Die Lyme-Borreliose ist eine Erkrankung, die sich überwiegend als örtlich begrenzte Hautinfektion zeigt. Es kann allerdings auch zu einer Verbreitung der Bakterien in andere Organe kommen, am häufigsten betroffen sind dann das Zentralnervensystem oder die Gelenke.

In den meisten Fällen beginnt die Erkrankung einige Tage bis Wochen nach dem Zeckenstich mit der sogenannten Wanderröte (Erythema migrans), einer sich ringförmig ausbreitenden Hautrötung um die Einstichstelle, die zentral verblassen kann. Sie ist nicht zu verwechseln mit einer Rötung, die häufig schon während des Saugaktes um die Einstichstelle herum entsteht, weniger als 5 cm Durchmesser aufweist und sich nicht ausdehnt. Es können allgemeine Krankheitssymptome wie Fieber, Muskel- und Kopfschmerzen, Müdigkeit hinzukommen.

Borreliose kann spontan ausheilen, oder es kann zu weiteren Beschwerden kommen:

  • Komplikationen im Bereich des Zentralnervensystems, mit starken Schmerzen, Sensibilitätsstörungen und Lähmungen (Neuroborreliose)
  • Gelenkbeschwerden (Lyme-Arthritis)
  • pergamentartige Hautveränderungen (Acrodermatitis)
  • Herzmuskelentzündungen, die sich u. a. in Herzrhythmusstörungen zeigen

HINTERGRUND
Um sich über die Häufigkeit dieser Krankheitssymptome ein Bild machen zu können, ist es interessant, sich das Ergebnis einer großen prospektiven Studie anzusehen, die den Raum Würzburg mit etwa 279.000 Einwohnern umfasste. Dort fanden sich für die verschiedenen Manifestationen folgende Häufigkeiten: Wanderröte als einziges Symptom in 89 Prozent, eine Lyme-Arthritis in 5 Prozent, eine frühe Neuroborreliose in 3 Prozent, ein Lymphozytom (vereinzelte knötchenartige oder gruppierte Schwellungen der Haut) in 2 Prozent, eine Acrodermatitis in 1 Prozent und eine Beteiligung des Herzens in weniger als 1 Prozent. Die sehr seltene chronische Neuroborreliose wurde bei dieser Studie nicht nachgewiesen. (1)

Behandlung

Grundsätzlich muss eine Borreliose, egal in welchem Stadium, mit Antibiotika behandelt werden. Je früher therapiert wird, desto besser ist der Therapieerfolg und desto sicherer werden u. U. bleibende Spätfolgen vermieden. Die Wanderröte ist ein sicherer Hinweis auf eine Borreliose. Liegt dieses typische klinische Bild als ärztliche Diagnose vor, sollen mikrobiologische Befunde nicht abgewartet werden, sondern gleich mit einer Therapie begonnen und auch bei negativem mikrobiologischen Befund fortgesetzt werden. (2)

Eine gene­relle prophylaktische Antibiotikagabe nach Zeckenstich wird jedoch nicht em­pfoh­len.

Vorbeugende Maßnahmen

Die landläufig als „Zeckenimpfung“ bezeichnete FSME-Impfung schützt nicht vor Borreliose. Geeignete Maßnahmen sind:

  • Das Vermeiden von Zeckenstichen
  • Das schnelle Entfernen von saugenden Zecken kann das Risiko einer Übertragung von Borrelien erheblich senken. Denn während Erreger der FSME sofort mit Beginn des Saugaktes übertragen werden können, dauert es Stunden, bevor Borrelien in die Stichwunde gelangen. Das Infektionsrisiko steigt laut Robert Koch-Institut (RKI) nach einer Saugzeit von mehr als 12 Stunden. Entfernt man die Zecke frühzeitig, ist das Übertragungsrisiko daher nur sehr gering (5). Keine Sorgen muss man sich machen, falls der Stechapparat ("Kopf") der Zecke in der Haut verbleibt. Hinsichtlich einer Übertragung von Borrelien ist das unbedenklich (3).
  • Das frühe Erkennen von Krankheitszeichen einer Borreliose ist wichtig, da die Erkrankung ist im Anfangsstadium sehr gut behandelbar ist.

Früherkennung

Obwohl längst nicht jeder Stich zu einer Infektion führt (siehe erster Abschnitt), ist es sinnvoll, die Haut in der Umgebung der Einstichstelle vier bis sechs Wochen lang zu beobachten. Eine unmittelbar nach dem Stich auftretende Rötung wird durch die im Zeckensekret enthaltenen Stoffe ausgelöst. Diese Rötung ist normal und bildet sich innerhalb einiger Tage zurück.

  • Tritt danach erneut eine Rötung auf oder vergrößert sich die anfängliche Rötung auf 5 cm ober mehr,
  • oder zeigt sich eine ringförmige, sich ausbreitenden Hautrötung um die Einstichstelle, die zentral verblassen kann, sollten eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden.

Es könnte sich hierbei um eine Wanderröte handeln, dem weitaus häufigsten Symptom einer Borreliose, das mit einem Antibiotikum behandelt wird. (4)

Die Verbreitung der Borrelien über den Blutweg kann sich allerdings – auch ohne Rötung der Haut – durch ein grippeartiges Krankheitsgefühl bemerkbar machen. Typischerweise würden dabei, im Gegensatz zu einer virusbedingten Grippe oder einer Erkältung, Beschwerden in den Atemwegen fehlen. Treten nach einem Zeckenstich grippeartige Krankheitssymptome ohne Schnupfen, Husten oder Halsschmerzen auf, sollten eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden, die über die Notwendigkeit einer Blutuntersuchung und einer Therapie entscheidet.

Untersuchung von Zecken nicht sinnvoll

Von einer Untersuchung der aus der Haut entfernten Zecke auf Borrelien raten Experten ab. Bei einem positiven Nachweis wäre nicht sicher, ob die Krankheitserreger aus der Zecke überhaupt in die Haut gelangt sind. Und selbst wenn sie es wären, würde offen bleiben, ob sie zu einer Erkrankung führen würden. Zur Erinnerung: Nur ein kleiner Teil der mit Borrelien infizierten Menschen erkrankt! Aus diesem Grund ist auch von einer vorbeugenden oralen Antibiotikatherapie mit all ihren unerwünschten Nebenwirkungen abzuraten.

Selbst von einem antibiotischen Gel, das nach einem Zeckenstich aufgetragen werden kann, raten die Experten ab: Tierversuche hierzu waren zwar vielversprechend, aussagekräftige Studien zur Wirksamkeit beim Menschen fehlen jedoch. (4)


Erstellt am 1.12.2018     Aktualisiert am 17.5.2019

Quellen:

  1. Robert Koch-Institut: RKI-Ratgeber Lyme-Borreliose
  2. Nationales Referenzzentrum für Borrelien am Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit / Therapie der Borreliose
  3. Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Kommission Leitlinien (Herausgeber): Leitlinie Neuroborreliose (S3); AWMF-Registernummer: 030/071
    Darin: Anhang 6 für Laien:Patienten-Information nach Zeckenstich (aus DDG S2k-LL Kutane Lyme-Borreliose; AWMF-Reg.-Nr. 013/044)
  4. Deutsche Dermatologische Gesellschaft (Herausgeber): Leitlinie Kutane Lyme Borreliose; AWMF-Register Nr.013/044, Klasse: S2k; gültig bis 2020
  5. Robert Koch-Institut (RKI): Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Borreliose (Stand: 14.2.2018)