Rätselhafte Leberentzündung bei Kindern

Großbritannien hat erstmals die Häufung schwerer akuten Hepatitisfälle bei zuvor gesunden Kindern an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gemeldet, bis 20. April waren es 111 Erkrankungen. Weitere 55 Fälle wurden im April aus Ländern der EU und EWR (Europäischer Wirtschaftsraum) wie Irland, Belgien, Spanien, Niederlande, Dänemark, Norwegen, Polen, Rumänien, Italien, Frankreich bekannt, außerdem erkrankten auch Kinder aus den USA, Israel und Japan. Die Leberentzündung kann bei den betroffenen Kindern nicht auf eine Infektion mit Hepatitis-A, -B, -C, -D oder E-Viren, die häufigsten Verursacher von Hepatitiden, zurückgeführt werden. Die Kinder mussten im Krankenhaus behandelt werden, hatten Gelbsucht und erhöhte Leberwerte. Die Mehrzahl hatte zuvor Magen-Darm-Symptome mit Erbrechen, Durchfall und Übelkeit gezeigt. Die meisten Patienten haben sich erholt, aber bei einigen kam es zu akutem Leberversagen, so dass eine Lebertransplantation erforderlich wurde.

Um den Auslöser der schweren Erkrankungen auszumachen wurden die Kinder auf eine Reihe verschiedener Infektionserreger untersucht. Die häufigsten nachweisbaren waren Adenoviren und SARS-CoV-2. In England und Schottland wurden 75,5 bzw. 50 Prozent der Fälle positiv auf Adenoviren getestet.Aufgrund von Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie könnten gerade jüngere Kinder besonders empfänglich sein. Die Rolle der Adenoviren bei der Entwicklung der Leberentzündung in den gemeldeten Fällen ist jedoch noch nicht geklärt. Auch toxikologische Untersuchungen sind noch im Gange, aber angesichts des epidemiologischen Bildes und der Symptome wird eine infektiöse Ursache für wahrscheinlicher gehalten. Die Suche nach dem Erreger geht weiter.

Auch in Deutschland wurde ein erster Hepatitisfall mit unklarer Ursache an das Robert Koch-Institut (RKI) gemeldet. Das RKI bittet Ärztinnen und Ärzte um erhöhte Aufmerksamkeit bei unklaren Fällen von akuter Hepatitis oder Leberversagen bei Kindern unter 16 Jahren.

Hintergrundwissen:
Adenoviren sind sehr widerstandfähig und hoch infektiös. Sie können eine Vielzahl von Krankheitsbildern hervorrufen z. B. Augenbindehaut-Entzündungen, respiratorische und Magen-Darm-Symptome, Harnwegsinfektionen, Leberentzündungen, Hirnhaut- und Hirnentzündungen.


Erstellt: 03.05.2022

Quellen:

  1. RKI: Fälle akuter Hepatitis unklarer Ätiologie (non A bis E) bei Kindern: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Ausbrueche/aktuell/Hepatitis-unklarer-Aetiologie.html;jsessionid=B10FBC07A3E4B77865522685CF719A6D.internet081#doc16731478bodyText1
  2. RKI - Adenovirus: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Adenovirus_Konjunktivitis.html;jsessionid=D5BC9965E9BCA7F56347B0492DCF19AF.internet111
  3. ECDC: Increase in severe acute hepatitis cases of unknown aetiology in children, 28. April 2022, www.ecdc.europa.eu/en/news-events/ecdc-publishes-rapid-risk-assessment-increase-severe-acute-hepatitis-cases-unknown