Offen über Prostatakrebs reden

11.10.2019

60.000 Männer erkranken hierzulande Jahr für Jahr an einem Tumor der Vorsteherdrüse. Eine weltweite Umfrage zeigt, dass mehr als jeder dritte betroffene Mann zwar Beschwerden wahrnimmt – aber nicht mit seinem Arzt darüber spricht. Das sollte sich unbedingt ändern. Der ‚Ratgeber aus Ihrer Apotheke‘ zeigt auf, warum das so wichtig ist.

(RaIA / dgk) Den Krebs so früh wie möglich erkennen und rechtzeitig mit der bestmöglichen Therapie beginnen: Das sind die wesentlichen Voraussetzungen dafür, dass Betroffene geheilt werden und ihre Lebensqualität voll erhalten können. Leider macht sich Prostatakrebs im frühen Stadium nicht bemerkbar – Beschwerden treten meist erst auf, wenn der Tumor so groß geworden ist, dass er auf die Harnröhre übergreift oder sich sogar schon Metastasen gebildet haben.

Als mögliche Symptome nennt die Deutsche Krebsgesellschaft:

  • vermehrter Harndrang, insbesondere nachts;
  • Schwierigkeiten zu Beginn des Urinierens und Harnverhaltung;
  • schwacher oder unterbrochener Harnfluss;
  • schmerzhafte Ejakulation;
  • Blut im Urin oder in der Samenflüssigkeit;
  • Schmerzen in der Prostata;
  • starke Schmerzen im unteren Rückenbereich (Kreuzgegend), in Becken, Hüften oder Oberschenkeln (Ischiasschmerzen);
  • weniger starke Erektion oder Impotenz;
  • verminderter Samenerguss.

Den Krebs früh erkennen

Das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, steigt ab dem 50. Lebensjahr stark an. Deshalb richtet sich das gesetzliche Früherkennungsprogramm an Männer ab 45. Sind Bruder oder Vater erkrankt, wird es schon ab 40 angeraten. Dabei tastet der Arzt die Prostata rektal, also über den Darm, ab und kann so Veränderungen feststellen. Ein weiterer Indikator ist der PSA-Wert (Prostata-spezifisches Antigen). Das von der Prostata gebildete Eiweiß gilt als Tumormarker. Ist es erhöht, kann das ein Hinweis auf Prostatakrebs sein. Allerdings muss nicht nur der Wert an sich, sondern auch sein Verlauf bewertet werden. Besteht Verdacht auf Prostatakrebs, wird meist eine Gewebeprobe aus der Prostata entnommen und analysiert. Bei Nachweis von Prostatakrebs folgen weitere Untersuchungen wie CT, MRT oder Knochen­szintigraphie.

Gute Heilungschancen

Im Anfangsstadium, wenn der Krebs noch auf das Organ begrenzt und nicht metastasiert ist, reichen oft eine Entfernung der Prostata und/oder Strahlentherapie aus. Die meisten Männer können so geheilt werden. „Steigt trotz dieser Primärtherapie der Tumormarker PSA wieder an, sprechen wir von nicht-metastasiertem Prostatakrebs und verordnen eine Hormonentzugs­therapie“, sagt Privatdozent Dr. Martin Bögemann vom Uniklinikum Münster. Aber auch diese Waffe kann mit der Zeit stumpf werden, der PSA-Wert steigt wieder an. „Ziel der Therapie ist es dann, die Bildung von Metastasen möglichst lange zu verzögern. Damit wird die Lebenszeit des Patienten verlängert, die Lebensqualität weitgehend erhalten und das Auftreten von Symptomen deutlich herausgezögert“, erklärt Bögemann.

Intensivere Therapien nötig

Wenn der Prostatakrebs bei der Diagnosestellung bereits in umliegende Bereiche eingedrungen ist, ist eine Heilung nur noch mit einer sehr intensiven Therapie möglich. Auch hier wird zunächst befallenes Gewebe entfernt, danach folgt eine Strahlentherapie. Alternativ kann auf eine Operation verzichtet und nur bestrahlt werden. Haben sich bereits Metastasen gebildet, kann der Betroffene nur noch palliativ, also nicht mehr heilend, behandelt werden. Wieder stehen zwei Ziele im Mittelpunkt: das Leben zu verlängern und dabei die Lebensqualität zu erhalten. Neun von zehn Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom entwickeln schmerzhafte Knochenmetastasen. In diesem Fall können Ärzte mit überlebensverlängernden Therapien wie neuartigen Antihormontherapien, Chemotherapie, Strahlentherapie oder einem Radiopharmazeutikum die Patienten mit Knochenmetastasen behandeln.

Probleme offen ansprechen

Mit welcher Therapie behandelt wird, hängt nicht nur vom Stadium der Erkrankung, sondern auch von den Lebensumständen ab. In intensiven Gesprächen entwickeln Arzt und Patient gemeinsam eine Strategie. Allerdings neigen viele Männer dazu, nicht über ihre Ängste vor einem Voranschreiten der Erkrankung zu sprechen und auch Symptome sehr lange zu verdrängen. Eine internationale Patienten-Befragung mit mehr als 1.300 Menschen spricht eine deutliche Sprache: Männer mit fortgeschrittenem Prostatakrebs reden zum Beispiel nicht über Erschöpfung, Schmerzen, Taubheitsgefühle oder Schwäche in Armen und Beinen sowie Schlafstörungen. Einer von fünf Männern hält es sogar für ein Zeichen von Schwäche, über seine Schmerzen zu reden. 39 Prozent ignorieren ihre Symptome manchmal und beinahe jeder Dritte glaubt, dass er mit seinen Beschwerden einfach leben muss.

Männer.Reden.Jetzt

Die Kampagne „Männer.Reden.Jetzt“ will Betroffene und Angehörige u.a. übers Internet und mit Broschüren informieren und ihnen Mut machen, sich mit ihrer Erkrankung auseinanderzusetzen. Carlo Thränhardt, ehemaliger Hochspringer und Botschafter der Kampagne, sagt: „Als Leistungssportler war es eine wichtige Lektion für mich, auf die Signale meines Körpers zu achten. Dass man ein Problem, wie z.B. Schmerzen allein lösen kann, ist fast immer ein Irrtum. Probleme klar beim Namen zu nennen, ist eine der entscheidenden Voraussetzungen dafür, dass man rechtzeitig die notwendige Unterstützung erhält.“

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