Unbeliebter Lebensretter: Grippeimpfung schützt Herz

4.6.2019

Zugegeben: Die Effektivität der jährlichen Influenza-Impfung ist mit etwa 40 bis 80 Prozent – je nach Alter und Immunsituation – nicht optimal. Dennoch: „Mit keiner anderen Impfung lassen sich hierzulande mehr Leben retten“, betonte Prof. Dr. Thomas Weinke, Gastroenterologe und Infektiologe vom Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam, beim diesjährigen 125. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) in Wiesbaden.

Schutz vor Grippe schützt auch vor Infarkten

Die Prävention der Influenza sei nur das vordergründige und nicht das alleinige Ziel der Impfung, so Weinke, der Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats Impfen beim Deutschen Grünen Kreuiz e. V. ist. Eine Grippe-Impfung beuge auch Lungenentzündungen vor, die häufig einer Grippe folgten, sowie Entzündungsreaktionen, die letztlich auch dem Herzen Schaden zufügen könnten. Insbesondere wenn die Influenza-Infektion auf ein arteriosklerotisch vorgeschädigtes Herz trifft, kann dies das Risiko eines akuten Herzinfarkts deutlich steigern.

Impfung mindestens so effektiv wie Rauchstopp und Statine

Besonders hoch ist das Infarktrisiko in den ersten sieben Tagen nach Infektionsbeginn, wie eine im vergangenen Jahr publizierte Studie zeigte. „Wir haben damit eine signifikante Assoziation zwischen Influenza und Myokardinfarkt“, so der Potsdamer Infektiologe. „Insofern gehört die Grippeimpfung genauso in die Infarktpräventionsstrategie wie der Rauchstopp, der Einsatz von Statinen und die antihypertensive Therapie.“ Auch die Effektivität der Impfung sei mit dem Nutzen dieser Interventionen vergleichbar oder – im Vergleich zur antihypertensiven Medikation – sogar noch besser.

Dieser Zusammenhang ist auch in Bezug auf die Influenza-Sterberate bedeutsam: So sei das Risiko für Influenza-Todesfälle bei Personen über 65 Jahre bei Vorliegen einer chronischen Herzerkrankung 5-mal größer, bei Vorliegen einer chronischen Lungenerkrankung 12-mal größer und bei Vorliegen von beidem sogar 20-mal größer.

Zu geringe Durchimpfung mit deutlichem West-Ost-Gefälle

Das Dilemma: „Dem klaren Nutzen der Influenza-Impfung stehen in der wichtigsten Zielgruppe der Über-60-Jährigen nach wie vor viel zu geringe Durchimpfungsraten gegenüber“, bedauerte Weinke. So lag die Influenza-Impfquote in dieser Altersgruppe in der Saison 2016/2017 bundesweit bei lediglich 34,8 Prozent, mit erheblichen Unterschieden zwischen alten und neuen Bundesländern (29,8 Prozent zu 50,9Prozent), wie Daten der KV-Impfsurveillance zeigen.

Quelle:
Medscape: „Mit keiner Impfung lassen sich hierzulande mehr Leben retten“ – der „Flu-Shot“ für Senioren bleibt trotzdem unbeliebt; Meldung vom 27.5.2019