Urlaubsreif? Warum Sie konzentriert dem Meer lauschen sollten

(dgk) In dem wunderbaren Film Der Postmann über den chilenischen Dichter und Literaturnobelpreisträger Pablo Neruda gibt es eine Sequenz, in der der Protagonist mit Hilfe eines Tonbands die verschiedensten Geräusche seiner Insel aufnimmt, z. B. das Rauschen des Meeres oder des Windes. Sogar dem Sternenhimmel über Isla Negra hält er sein Mikrofon entgegen.

Auf Details achten

Der Neurobiologe und Buchautor Bernd Hufnagl aus Wien empfiehlt Erholungssuchenden ähnliches: Im Urlaub solle man auf Details achten, denn das helfe, die Arbeit oder die zuhause gelassenen Alltagsprobleme zu vergessen. „Wie rauscht das Meer? Wie riecht das Essen? Solche Informationen bewusst wahrzunehmen ist wichtig, weil wir im Alltag durch die vielen To-Dos immer oberflächlicher werden“, so der Experte.

Aktivieren Sie Ihren Erholungsnerv

Kann man sich auf darauf einlassen, steige die Aktivität des Nervus vagus: Je aktiver dieser Hirnnerv sei, umso entspannter werde man. Letztlich wirkt die Konzentration auf das Meeresrauschen also ähnlich wie eine Meditationstechnik, auch die kann den Nervus Vagus aktivieren.

Dieser zehnte Hirnnerv ist der größte Nerv des Parasympathikus, dem vegetativen Nervensystem, und damit beteiligt an der unwillkürlichen Steuerung der meisten inneren Organe und des Blutkreislaufs. Der Parasympathikus wird auch als „Ruhenerv“ oder „Erholungsnerv“ bezeichnet, da er der Erholung und dem Aufbau körpereigener Reserven dient. Sanfte ausdauernde Bewegung, eine tiefe Bauchatmung oder Summen können den Ruhenerv ebenfalls stimulieren.

Wir ertragen das Nichtstun nicht mehr

Wie wenig wir uns auf das Lauschen oder bloße Betrachten einlassen können, zeigt ein Experiment von Hufnagel. Seit 2004 überprüft sein Team mithilfe von EKG-Untersuchungen die Fähigkeiten von Arbeitnehmern zu entspannen. Dafür sollen sich die Probanden in einen Raum setzen und fünf Minuten aus dem Fenster schauen.

„Schon 2004, also noch vor dem Smartphone-Hype, zeigten nur 30 Prozent der Teilnehmer eine Entspannungsreaktion“, so Hufnagl. 2018 seien es indes nur noch fünf Prozent gewesen: „Wir ertragen das Nichtstun nicht mehr.“

Der Urlaub ist die perfekte Möglichkeit, dies wieder zu erlernen. Das geht allerdings nur, wenn man sich nicht zu viel vornimmt. Eine To-Do Liste für Urlaubs-Unternehmungen führt nur dazu, dass sich Menschen gestresst fühlen, weil sie wieder den gleichen Termindruck verspüren wie in ihrem Alltag. Überdies empfehlen Experten, sich im Urlaub die Freiheit zu nehmen, spontan und stimmungsabhängig zu entscheiden, welcher Aktivität man nachgehen will.

Abwechslung und Herausforderungen

Abwechslung sollte dabei natürlich nicht fehlen. Nach einem Tag in der Hängematte oder Strand ist ein Ausflug in die Umgebung genau richtig. Dabei darf es durchaus auch Herausforderungen geben, wie etwa eine unbekannte Gegend zu erkunden. Forscher haben herausgefunden, dass kleinere Herausforderungen im Urlaub kognitive Ressourcen aufbauen, so dass sozusagen die geistige Batterie wieder aufgeladen wird.

Halten Sie den Urlaub fest

Ist der Urlaub schließlich vorbei, taucht die Frage auf, wie sich der Erholungseffekt möglichst lange erhalten lässt. Dazu gibt es einen Tipp von Johannes Wendsche von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: „Wer seine Urlaubserinnerungen reflektiert, profitiert länger vom Wohlbefinden“. Entsprechend solle man Souvenirs mitbringen, Fotos machen und vom Urlaub erzählen. Oder eben die bewusst „eingefangenen“ Eindrücke wie das Meeresrauschen Revue passieren lassen.


Quellen:

  1. Ärzte Zeitung online, 28.06.2019: Urlaubsreif - So profitieren Sie und Ihre Patienten lange von Ferien
  2. Hochschule Fresenius für Wirtschaft & Medien GmbH, Wissenschaftsblog: Mach mal Pause! Warum wir alle Urlaub brauchen