Schnuller oder Daumen?

Der Saugreflex ist angeboren

"Nunu", "Nucki" oder Schnuller sind bei Säuglingen und Kleinkindern sehr beliebt. Die kleine elastische, glatte und glitschige Gummiblase mit der Plastikplatte davor ist in fast aller Munde.

In den zwanziger Jahren wurde der Schnuller in den USA erfunden und erhielt den Namen ‚pacifier' (zu deutsch ‚Friedensstifter'). Seine ältesten Vorläufer sind allerdings schon 4.500 Jahre alt und stammen aus Ägypten. Es handelte sich dabei um so genannte Saugtöpfe, die weniger der Nahrungszufuhr als der Beruhigung der Kinder dienten. Später wurden in einigen Kulturkreisen sogar Fische oder Fleischstücke verwendet, an denen die Kinder stundenlang saugen konnten.

Nuckeln und Saugen sind angeborene Verhaltensweisen: Der Saugreflex findet bereits in der Gebärmutter statt. Ungeborene Kinder lutschen schon ab dem fünften Schwangerschaftsmonat am Daumen. Bereits Minuten nach der Geburt saugen Babys kräftig an der Brust, wenn sie zum ersten Stillen angelegt werden. Das Saugen ist daher ein ganz natürlicher Reflex und steigert das Wohlbefinden des Kindes.

Studien zu Vor- und Nachteilen

Durchschnittlich 60 bis 80 Prozent aller Kinder in den Industrieländern bekommen zwischen ihrem ersten und sechsten Lebensmonat einmal einen Schnuller angeboten. Doch nach wie vor werden die Folgen des Nuckelns diskutiert und in diversen Studien untersucht.

Dumm durch Nunu?

Laut einer in der englischen medizinischen Fachzeitschrift 'LANCET' veröffentlichten Studie zufolge sind im späteren Leben Schnullerbenutzer weniger intelligent als solche Menschen, die als Wickelkinder den Daumen oder Finger benutzten.

Mittelohrentzündung bei Langzeitnutzern

Kleinkinder sollten ab einem Alter von sechs Monaten Schnuller nur mehr nachts benutzen. Das besagt eine finnische Studie, die den längeren Gebrauch von Schnullern mit einer erhöhten Rate von Ohrinfekten in Zusammenhang bringt. Kinder, die nach sechs Monaten vom Schnuller entwöhnt wurden, plagten sich innerhalb ihres ersten Lebensjahres bis zu einem Drittel weniger mit Mittelohrentzündungen herum als "Langzeitnutzer".

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Weniger Risiko für den plötzlichen Kindstod

Regelmäßiges Schnullerlutschen senkt nach insgesamt vier Studien der SIDS- Alliance hingegen das Risiko für den plötzlichen Kindstod (SIDS) um die Hälfte. Wie der Schnuller die Säuglinge schützt, ist allerdings noch genau so unklar wie die Ursachen des plötzlichen Kindstods selbst. Möglich, dass ein Kind mit "Trösterle" im Mund sich nicht auf das Gesicht legt oder mit Mund und Nase unter die Decke gerät, vermuten Berliner Pädiater. Vielleicht beruhigt das Saugen am Schnuller die Kinder auch so sehr, dass sie sich seltener bewegen und so auch weniger Gefahr laufen, unter die Bettdecke zu rutschen. Zudem könnten Stimulation von Muskulatur oder Speichelbildung eine Rolle spielen, indem sie die Fähigkeit unterstützen, schneller aus dem Tiefschlaf zu erwachen, schreiben die Kollegen in der Zeitschrift 'Pädiatrische Praxis'.

Zahnschäden

Oftmals nuckeln die Kleinen weit bis in das Kindergartenalter hinein. Spätestens ab dem zweiten Lebensjahr sollte das Kind jedoch ohne diese Hilfsmittel auskommen können. Nach Ansicht von Wissenschaftlern der Universität Iowa schadet der Nunu den Zähnen.

Guter Schnuller oder Alternative Daumen

Der Schnuller sollte in Form und Größe dem Mund bzw. dem Gaumen des Kindes angepasst sein, das bedeutet: ein flacher weicher Saugteil an beiden Seiten und eine angeflachte schmale Auflage für die Kieferleisten und die Lippen. Der Schnuller sollte nur dann gegeben werden, wenn das Baby beruhigt werden muss, wie zum Beispiel zum Einschlafen, bei Bauchschmerzen oder wenn es sehr unruhig ist.

Der richtige Schnuller ist besser als der Daumen, da dieser hart und nicht "kiefergerecht" geformt ist. Lutschen Kinder am Daumen, können Fehlbildungen am Kiefer und Zahnfehlstellungen entstehen, die nur sehr aufwändig und langwierig zu regulieren sind, sich negativ auf die Aussprache auswirken und manchmal das Abbeißen unmöglich machen.

Das Abgewöhnen fällt oft schwer

Eltern sollten versuchen, ihren Kindern etwa ab dem zweiten Lebensjahr das Lutschen abzugewöhnen. In der Regel ist dies ein schwieriges Unterfangen. Als Hilfen bieten sich Geburtstage, Weihnachten oder die Geschichte von der Schnullerfee an, wobei der Schnuller gegen kleine Präsente eingetauscht werden kann. Auch feierliche Zeremonien, in deren Verlauf das gute Stück im Garten vergraben wird, sind oft erfolgreich. Eine weniger feinfühligere Methode ist das stückchenweise Abschneiden der Schnullerspitze - irgendwann vergeht der Spaß am Nuckeln von selbst. Schwieriger ist das Abgewöhnen von Daumenlutschen, es kann bis ins Schulalter dauern. Hier helfen beispielsweise Pflaster.

Aber egal, ob Schnuller oder Daumen: Wichtig beim Entwöhnen ist ein überzeugendes und konsequentes Verhalten der Eltern. Hinter dem Wunsch nach dem Nuckeln steckt außerdem häufig etwas anderes: Langeweile, Kummer, Müdigkeit oder Unzufriedenheit.

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