Prävention

Homocystein und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die Ergebnisse von mehr als 80 Studien legen nahe, dass bereits leicht erhöhtes Homocystein im Blut das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen kann (13), wobei der Mechanismus, durch den das Homocystein das Krankheitsrisiko erhöht, nach wie vor ein grösseres Thema für die Forschung bleibt. Die Menge an Homocystein im Blut wird durch mindestens drei Vitamine kontrolliert: Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin B6. Die Analyse der Ergebnisse von 12 Studien zur Senkung von Homocystein hat gezeigt, dass die Ergänzung mit Folsäure (0.5-5 mg täglich) die größte senkende Wirkung auf den Homocystein-Blutspiegel (eine 25% Reduktion). Eine gleichzeitige Gabe von Folsäure und Vitamin B12 (Mittelwert 500 mcg täglich) konnte eine Senkung um weitere 7% bewirken (ingesamt eine Reduktion um 32%) (14). Die Ergebnisse einer Studie zur Folsäure-Ergänzung bei 53 Probanden deuten darauf hin, dass nach einer Gabe von Folsäure, Vitamin B12 zum wichtigsten Faktor wird, der den Homocysteinspiegel kontrolliert (15). Einige Hinweise deuten darauf hin, dass ein Vitamin-B12-Mangel eine der Hauptursachen für erhöhte Homocysteinspiegel bei Menschen im Alter von über 60 Jahren ist. Zwei Studien fanden erhöhte Methylmalonsäure-Werte im Blut von über 60% der älteren Menschen mit erhöhten Homocysteinspiegeln. Ein erhöhter Methylmalonsäurespiegel in Verbindung mit erhöhtem Homocystein deutet ohne eine zusätzliche Niereninsuffizienz entweder auf einen Vitamin-B12-Mangel oder einen kombinierten B12- und Folsäure-Mangel hin (16). Daher ist es wichtig, den Vitamin-B12-Status sowie die Nierenfunktion bei älteren Personen mit erhöhten Homocysteinspiegeln vor Beginn einer Homocystein senkenden Therapie zu bestimmen. Für weitere Informationen über Homocystein- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, siehe den Artikel über Folsäure.

Obwohl bereits gezeigt wurde, dass eine erhöhte Einnahme von Folsäure und Vitamin B12 die Homocysteinspiegel erniedrigt, ist derzeit nicht endgültig gesichert, ob eine höhere Aufnahme dieser Vitamine direkt zu einer Verringerung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen wird. Jedoch werden derzeit mehrere randomisierten, placebokontrollierten Studien derzeit durchgeführt, um festzustellen, ob eine Homocystein-Senkung durch Folsäure und Ergänzung anderer B-Vitamine das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduziert. Aus einer Meta-Analyse der Daten von vier der laufenden Studien geht hervor, dass eine Ergänzung von B-Vitaminen keinen signifikanten Einfluss auf das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Schlaganfällen hatte, jedoch wurden bisher nur etwa 14.000 Teilnehmer in der Analyse miteinbezogen und die Schlussfolgerungen sind begrenzt (17). Dennoch ist der Abschluss der laufenden klinischen Versuche wichtig, um zu beantworten, ob zusätzliche B-Vitamine zu einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.

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Krebs

Folsäure ist für die Synthese von DNA nötig, und es gibt Hinweise dafür, dass die verringerte Verfügbarkeit von Folsäure zu DNA-Strängen führt, die anfälliger für Beschädigungen sind. Ein Mangel an Vitamin B12 hält Folsäure in einer Form gefangen, die nicht mehr vom Körper für die DNA-Synthese benutzt werden kann. Sowohl Vitamin-B12- als auch Folsäure-Mangel führen zu einer verminderten Fähigkeit zur Methylierung. Daher kann Vitamin B12-Mangel zu einer erhöhten Rate von DNA-Schäden und veränderter Methylierung der DNA führen, welches beide wichtige Risikofaktoren für die Entstehung von Krebs sind. Eine kürzlich durchgeführte Reihe von Studien bei jungen Erwachsenen und älteren Männern darauf hin, dass erhöhte Homocystein- und geringere Vitamin B12-Spiegel im Blut im Zusammenhang mit einem Biomarker für Chromosomenbrüche in den weißen Blutkörperchen stehen. In einer doppelblinden, plazebokontrollierten Studie war der gleichen Biomarker für Chromosomenbrüche bei jungen Erwachsenen minimiert, die vorher eine Nahrungsergänzung in Form von Müsli mit 700 mcg von Folsäure und 7 mcg Vitamin B12 täglich für zwei Monate bekamen (18).

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Brustkrebs

Eine Kontrollstudie verglich die Spiegel von Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12 im Blut von 195 Frauen vor einer Diagnose, die später mit Brustkrebs diagnostiziert wurden, und bei 195 Frauen jeweils gleichen Alters, die nicht mit Brustkrebs diagnostiziert wurden (19). Unter den Frauen, die sich zu dem Zeitpunkt bereits Ihre Menopause hatten, deutete der Zusammenhang zwichen den Vitamin B12-Spiegeln und Brustkrebs auf einen Schwelleneffekt hin. Das Risiko von Brustkrebs war mehr als doppelt so hoch bei Frauen mit einem Vitamin B12-Spiegel im der untersten Quantil (Fünftel) der Gruppe im Vergleich zu den restlichen Frauen. Die Forscher fanden in dieser Studie keinen Zusammenhang zwischen Brustkrebs und dem Vitamin B6-Spiegel, Folsäure, oder Homocystein. Eine Fallstudie bei mexikanischen Frauen (475 Fälle und 1391 Kontrollen) zeigte, dass das Brustkrebs-Risiko für Frauen im höchsten Quartil (Viertel) der Vitamin B12-Aufnahme um 68% niedriger ist, als das der Frauen im untersten Quartil (20). Eine Stratifizierung der Daten ergab, dass die inverse Assoziation zwischen der Vitamin B12-Aufnahme aus der Nahrung und dem Brustkrebs-Risiko bei postmenopausalen Frauen im Vergleich zu prämenopausalen Frauen stärker war, obwohl beide Assoziationen statistisch signifikant waren. Da es sich um Beobachtungsstudien handelte, kann nicht festgestellt werden, ob ein verringerter Serumspiegel an Vitamin B12 oder eine geringe Vitamin-B12-Aufnahme aus der Nahrung eine Ursache oder eine Folge von Brustkrebs sind. Zuvor gab es jedoch kaum Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen dem Vitamin-B12-Status und dem Brustkrebs-Risiko. Allerdings wurde eine hohe Folat-Zufuhr aus der Nahrung mit einem reduzierten Risiko für Brustkrebs in mehreren Studien in Verbindung gebracht, und einige Studien berichten, dass die Vitamin-B12-Aufnahme diese Assoziation beeinflussen kann (21, 22).

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Neuralohrdefekte

Neuralrohrmängel (NTD) können zu Anenzephalie oder Spina bifida führen, welches verheerende und manchmal tödliche Geburtsfehler sind. Die Defekte treten zwischen dem 21. und 27. Tag nach der Befruchtung auf, eine Zeit, in der viele Frauen noch nicht erkennen, dass sie schwanger sind (23). Randomisierte kontrollierte Studien haben Reduktionen von 60% bis 100% an NTD Fällen demonstriert, indem Frauen Folsäure Folgsäure-Ergänzungen zusätzlich zu einer abwechslungsreichen Ernährung während des Monats vor dem Monat nach der Befruchtung zu sich nahmen. Zunehmende Hinweise aus der Forschung deuten darauf hin, dass die homocysteinsenkende Wirkung von Folsäure eine entscheidende Rolle bei der Senkung des Risikos von NTD spielt (24). Homocystein kann sich im Blut anreichern, wenn ungenügend Folsäure oder Vitamin B12 für das reibungslose Funktionieren des Methionin-Synthase-Enzyms zur Verfügung steht. Ungenügende Mengen von Vitamin B12 in Blut und Fruchtwasser der schwangeren Frauen wurden mit einem erhöhten Risiko für NTD in Zusammenhang gebracht, was darauf hindeutet, dass eine ausreichende Vitamin-B12-Aufnahme zusätzlich zur Folsäure bei der Prävention von NTD von Vorteil sein kann.

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Alzheimer und Demenz

Personen mit der Alzheimer-Krankheit haben oft niedrige Vitamin-B12-Serumspiegel. Eine Studie zeigte niedrigere Vitamin-B12-Spiegel im Liquor cerebrospinalis von Patienten mit Alzheimer-Krankheit als bei Patienten mit anderen Arten der Demenz, auch wenn die Blutspiegel von Vitamin B12 sich nicht unterscheiden (25). Der Grund für die Assoziation eines niedrigen Vitamin-B12-Status mit der Alzheimer-Krankheit ist nicht klar. Vitamin B12-Mangel, wie auch Folsäure-Mangel, kann zu einer verringerten Synthese von Methionin und S-adenosylmethionin führen, und dadurch Methylierungsreaktionen beeinträchtigen. Methylierung ist von wesentlicher Bedeutung für den Stoffwechsel der Komponenten des Myelins von Nervenzellen als auch von Neurotransmittern. Auch moderat erhöhte Homocysteinspiegel sowie niedrige Folsäure und Vitamin B12 stehen im Zusammenhang mit der Alzheimer-Krankheit und vaskulärer Demenz.

Eine B-Vitamin-Ergänzung wird allgemein zur Behandlung von erhöhten Homocysteinwerten eingesetzt. Eine kürzlich durchgeführte randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte klinische Studie in 253 älteren Personen mit Plasma-Homocysteinkonzentrationen gleich oder größer als 13 mikromol / L fand heraus, dass die tägliche Ergänzung mit Vitamin B (1 mg Folsäure, 0,5 mg Vitamin B12 und 10 mg Vitamin B6) für zwei Jahre nicht die Maßnahmen der kognitiven Leistung beeinflusste, obwohl sie die Homocysteinkonzentration um durchschnittlich 4,36 mikromol / L verringern konnte (33). Eine weitere randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie an 195 älteren Erwachsenen berichtet, dass orale Supplementierung von Vitamin B12 (1 mg täglich) für sechs Monate keinen Einfluss auf die kognitiven Leistungsfähigkeit hatte (34). Einige der Studien zur Senkung von Homocystein, die in erster Linie auf das Herz-Kreislauf-Risiko bewerten, werden auch die kognitiven Leitungsfähigkeit messen (35). Daher können die Ergebnisse der laufenden Studien eventuell eine Einsicht liefern, ob die langfristige Ergänzungen mit B-Vitaminen eine wirksame Schutzmaßnahmen gegen Demenz darstellt.

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Depression

Beobachtungsstudien fanden heraus, dass mehr als 30% der Patienten, die stationär für Depressionen behandelt werden, einen Mangel an Vitamin B12 aufweisen (36). Ein Querschnitt-Studie von 700 in Gemeinschaft lebenden, körperlich behinderten Frauen im Alter von 65 Jahren festgestellt, dass Frauen mit Vitamin B12 Mangel doppelt so häufig an starker Depression litten, als Frauen ohne Mangel (37). Eine Populationsstudie mit 3884 älteren Männer und Frauen mit depressiven Erkrankungen stellte fest, dass eine Depression für Personen mit Vitamin B12-Mangel um fast 70% wahrscheinlicher war als für solche mit normalem Vitamin-B12-Status (38). Die Gründe für die Beziehungen zwischen Vitamin-B12-Mangel und Depression sind nicht geklärt, ein Zusammenhang könnte aber S-adenosylmethionine (SAMe) sein. Vitamin B12 und Folsäure sind zusammen für die Synthese von SAMe nötig. SAMe ist ein für den Stofwechsel von Neurotransmittern essentieller Methylgruppenspender, deren Bioverfügbarkeit im Zusammenhang mit Depressionen steht. Diese Hypothese wird durch mehrere Studien gestützt, die zeigen konnten, dass eine Ergänzung mit dem SAMe die Symptome einer Depression verbessert (39-42). Da nur wenige Studien den Zusammenhang des Vitamin B12-Status und der Entwicklung von Depressionen im Laufe der Zeit untersucht haben, kann noch nicht klar bestimmt werden, ob ein Vitamin-B12-Mangel eine ursächliche Rolle bei der Depression spielt. Wegen der hohen Prävalenz des Vitamin-B12-Mangel bei älteren Personen, kann es von Vorteil zur Diagnose und medizinischen Bewertung von Depressionen sein, bei den Patienten auch nach einem Vitamin-B12-Mangel zu suchen.

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