Coronaviren haben andere Infektionskrankheiten „verdrängt“

Die Corona-Pandemie hat zu einem drastischen Rückgang meldepflichtiger Infektionskrankheiten in Deutschland geführt. Das zeigt eine kürzlich veröffentliche Auswertung der Daten des Robert Koch-Instituts (RKI).

Seit Beginn der Corona-Epidemie in der 10. Kalenderwoche 2020 bis Ende des August 2020 wurden 216.825 COVID-19-Fälle und 162.942 Fälle anderer Infektionskrankheiten an das RKI gemeldet. Die Zahl der übermittelten nicht COVID-19 Fälle zeigt einen Rückgang von 35 Prozent im Vergleich zu den zu erwartenden Fallzahlen im selben Zeitraum der Vorjahre (2016-2019). Der Rückgang betrifft alle Altersgruppen, insbesondere aber die der Jüngeren (unter 14 Jahre) und Älteren (über 80 Jahre).

Der stärkste Rückgang wurde bei respiratorisch übertragbaren Erkrankungen (über Tröpfchen oder aerogen übertragbar) festgestellt, besonders hoch ist dieser bei Masern (- 85 Prozent), Keuchhusten (- 63 Prozent) und bei den invasiven Haemophilus-influenzae-Erkrankungen (- 61,3 Prozent).
Auch Magen-Darm-Erkrankungen verursacht durch Rotaviren und Noroviren sind sehr stark, etwa um 80 Prozent zurückgegangen. HIV-, Hepatitis-B und C-Infektionen sowie die Reisekrankheiten Denguefieber und Malaria wurden ebenfalls seltener gemeldet. Unter den 32 verschiedenen vom RKI untersuchten Infektionskrankheiten wurde einzig für die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ein Anstieg der Fälle um 57,7 Prozent beobachtet.

Die Wissenschaftler erklären den Rückgang teils mit den während der Epidemie eingeführten Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen, Abstands- und Hygiene-Regeln, Schul- und Kita-Schließungen sowie Reisebeschränkungen und die dadurch bedingte erhöhte Outdoor-Aktivitäten der Bevölkerung. Letztere haben vermutlich zu den hohen FSME-Fallzahlen beigetragen. Die Forscher betonen aber, dass auch andere Faktoren zu einem Rückgang der Fallzahlen führen konnten, zum Beispiel, dass aus Angst vor einer Ansteckung weniger Menschen zum Arzt gegangen sind und somit weniger Infektionskrankheiten erfasst wurden.

 


Erstellt: 18.02.2021

Quelle: Epidemiologisches Bulletin 7/2021