Aus dem Wald frisch auf den Tisch:

Pilze sammeln, aber richtig

(smog) Jedes Jahr im Spätsommer und Herbst strömen Menschenmassen hinaus in unsere Wälder, um die begehrten Pilzen zu suchen. Pilzesammeln ist aber mittlerweile zu einem Hobby geworden, das man mit etwas mehr Rücksicht und auch Vorsicht ausüben sollte! Für Anfänger gilt: Zum Kennenlernen der Pilzarten ist gute Literatur unabdingbar.

In den Lehrbüchern sehen Pilze allerdings oft anders aus als in der Natur. Beim jungen Pilz fehlen die typischen Erkennungsmerkmale oft ganz. Ortsansässige Pilzsachverständige können helfen. Machen Sie keine Experimente und essen Sie nur Pilze, die Ihnen zweifelsfrei bekannt sind. Wer nicht wirklich pilzkundig ist, der sollte sich auf jene Arten beschränken, die er gut kennt oder sicher bestimmen kann, denn bei etwa 2.500 heimischen Arten von Wald- und Wiesenpilzen (europaweit sind es etwa 6.000 Arten) ist die Gefahr, einen Giftpilz zu erwischen, sehr groß, zumal fast jeder Pilz einen Doppelgänger hat, der oft „nur“ ungenießbar, manchmal aber auch tödlich giftig ist. Pilze mit tödlich wirkenden Giften sind beispielsweise der grüne, der kegelhäutige oder der weiße Knollenblätterpilz, der Nadelholzhäubling oder Schleierlinge.

Behutsam pflücken

Solange man einen Pilz nicht völlig sicher kennt, sollte man ihn beim Sammeln vorsichtig anfassen und grundsätzlich durch Herausdrehen mit Stumpf und Stiel aus dem Boden herausnehmen. Das entstandene Loch sollte sorgsam mit Erde geschlossen werden, um das Myzel (ein meist kreisförmig angelegtes, fädiges Geflecht unter der Erde, dessen Früchte die Pilze sind) vor Verunreinigung und Austrocknung zu schützen.

Hierbei klaffen die Meinungen allerdings auseinander, denn viele versierte Pilzesammler halten es für besser, den Pilz knapp über dem Boden mit einem scharfen Messer zu schneiden. Beide Versionen haben etwas für sich, und beide sind anwendbar, wenn man mit der gebotenen Behutsamkeit vorgeht.

Körbe besser als Tüten

Pilze zu sammeln und der damit verbundene Aufenthalt in der frischen Waldluft macht Spaß. Zusätzlich gibt es dann noch als Belohnung die leckeren Pilzgerichte. Wichtig ist dabei, dass die schmackhaften Speisen heil ankommen.

Zum Transport eignen sich am besten Körbe, um die Pilze luftig gelagert und nicht matschig nach Hause zu bringen. Plastiktüten oder andere luftdichte Gefäße eignen sich nicht. Durch die entstehende Wärme verderben die Pilze und können dann Beschwerden im Sinne einer bakteriell verursachten Lebensmittelvergiftung auslösen.

Nehmen Sie nur so viele Waldpilze mit, wie Sie in den nächsten Tagen auch verzehren. Sind Speisepilze zu alt, zu lang oder falsch gelagert kann dies Magen-Darm-Beschwerden verursachen.

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Lieber länger garen

Frisch gesammelte Pilze müssen zunächst luftig und kühl gelagert werden, aber möglichst am gleichen Tage verbraucht oder zumindest geputzt werden. Nicht aber waschen.

Auch scheinbar saubere Pilze müssen vor der Zubereitung gründlich gereinigt werden. Denn oft sind die Fruchtkörper mit Bakterien behaftet, die Sporen bilden. Dadurch kann es zu einem bakteriell-enzymatischen Abbau des empfindlichen Pilzeiweißes kommen. Mögliche Folgen sind Übelkeit und Brechdurchfall.

Dreck, wie Moos, Erde und Nadeln, lässt sich am besten mit einem Küchenpinsel entfernen. Faule Stellen und Wurmbisse sind mit einem Küchenmesser herauszuschneiden.

Geeignete Behälter zum Aufbewahren von Pilzen im Kühlschrank sind zum Beispiel Papiertüten, offene Körbchen oder Geschirrhandtücher, in die Sie die Pilze wickeln.

Schwer verdaulich sind Pilze ohnehin. Denn statt aus Zellulose bestehen die Zellwände der Pilze aus Chitin. Wie Zellulose ist die „Käfersubstanz“ Chitin ein Polysaccharid. Da es unverdaulich ist, kann eine Pilzmahlzeit ziemlich schwer im Magen liegen. So ist es von Vorteil, die schmackhaften Fruchtkörper nach dem Garen in kleine Stücke zu schneiden, gut zu kauen und nicht zu große Mengen zu essen.

Wer Pilze nur kurz erhitzt, darf sich über Verdauungsprobleme nicht wundern. Wildpilze sollten mindestens 15 Minuten gegart werden, aber nicht länger als 20 Minuten, um gut verträglich zu sein.

Entgegen des geläufigen Vorurteils können Pilzgerichte grundsätzlich wieder aufgewärmt werden. Dabei sollte die Mahlzeit einmal kurz aufgekocht werden. Wie alle verderblichen Lebensmitteln sollten auch Pilzspeisen nicht länger als ein bis zwei Tage im Kühlschrank gelagert werden.

Aufgrund des unverdaulichen Chitins haben Pilze nur einen geringen Nährwert: Wer sich kalorienarm ernähren möchte, findet in Pilzen die idealen Verbündeten. So enthalten 100 Gramm frische Steinpilze lediglich 34 Kilokalorien (kcal), Pfifferlinge sogar nur 23 kcal.
Im Vergleich dazu stecken in 100 Gramm mageren Rindfleisch 173 kcal. Gleichzeitig enthalten die Waldfrüchte eine beachtliche Anzahl an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen.

Kein Pils zum Pilz

Viele Speisepilze, zum Beispiel aus der Tintlings-Gruppe und Pilze aus anderen Gruppen, vertragen sich nicht mit Alkohol und lösen durch Blockierung des Alkoholabbaus gefährliche Vergiftungserscheinungen (Coprinus Syndrom) aus.Wird zur Mahlzeit oder bis zu fünf Tagen danach Alkohol getrunken, so stellen sich Vergiftungssymptome wie Herzrasen, Übelkeit und Kopfschmerzen sowie teilweise Gesichts- und Hautrötungen ein.

Vorsicht beim netzstieligen Hexenröhrling (Boletus luridus), Guttemplerpilz, Knoten-Tintling, Grauer Tintling, Falten-Tintling (Coprinus atramentarius), Speisemorchel (Morchella esculenta), Schwefelporling (Laetiporus sulphureus), Keulenfüßiger Trichterling oder Keulenfuß-Trichterling (Clitocybe clavipes), orangen-roten Ritterling (Tricholoma auratum) und sparrigen Schueppling (Pholiota squarrosa).

Quelle: Toxikologische Abteilung, II. Med. Klinik der Technischen Universität München, www.toxinfo.org

Maßnahmen bei Pilzvergiftung

  • Gehen Sie unverzüglich zum Arzt oder rufen Sie sofort die Giftnotrufzentrale in Ihrer Nähe an.
  • Unterlassen Sie voreilige Therapien durch Laien.
  • Provozieren Sie keinesfalls Erbrechen. Dies ist eine ärztliche Maßnahme.
  • Um eine schnelle Diagnose zu gewährleisten, sollten Reste der verspeisten Pilze oder Pilzabfälle zur Identifizierung mit zum Arzt gebracht werden.
  • Alle, die das Pilzgericht gegessen haben, sollten den Arzt kontaktieren, auch wenn noch keine Symptome aufgetreten sind.
  • Trinken Sie keine Milch. Milch begünstigt die Giftaufnahme.

Adressen und Links

Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM)
Menzinger Str. 67, 80638 München, Tel. 0 89 / 17 86 12 34, Fax 0 89 / 17 26 38
www.dgfm-ev.de

Toxikologische Abteilung der II. Medizinischen Klinik der Technischen Universität München
Klinikum Rechts der Isar, Ismaningerstr. 22, 81675 München
www.toxinfo.org

Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
www.bfr.bund.de

Bundesamt für Strahlenschutz
www.bfs.de

(Umwelt und Gesundheit (smog), Jg. 32, 3 – 2004)