Wozu Amniozentrese und Chorionzottenbiopsie?

Wenn die Schwangerschaftsvorsorgen eine über das normale Maß hinausgehende Gefährdung für Mutter oder Kind vermuten lassen, spricht man von einer „Risikoschwangerschaft“. Bei einigen Kriterien wird den werdenden Eltern angeboten, die Möglichkeiten der pränatalen Diagnostik (PD) in Anspruch zu nehmen, in anderen Fällen ist sie dringend erforderlich.

Aufgabe der PD ist es, Fehlentwicklungen oder mögliche intrauterine Erkrankungen zu erkennen. Die häufigsten Methoden der PD sind Amniozentese, Chorionzottenbiopsie und Ultraschalldiagnostik.

Zunächst und in der Regel macht Ultraschall erfreuliche Entwicklungen sichtbar: Wie das Kind gedeiht, wie groß und schwer es ist, wie sein Herz schlägt, welches Geschlecht es hat - das wird ab der 26. SSW möglicherweise sichtbar.
Aber manchmal gibt auch weniger Schönes zu sehen. Die ultrasonographische Kontrolle kann zeigen, dass beim Kind eine Wachstumsverzögerung vorliegt, die Fruchtwassermenge oder das Bewegungsverhalten des Kindes ungewöhnlich sind. Dann liegt die Notwendigkeit weiterführender Diagnostik auf der Hand.
Ultraschall macht auch einige Fehlentwicklungen sichtbar. So etwa einen Hydrozephalus (Wasserkopf), einen Nabelschnurbruch, Bruchbildungen an Kopf und Rücken und andere äußerliche Abweichungen beim Kind. Auch lässt eine fehlende Füllung auf die Fehlbildung einer Niere schließen.
Werdende Eltern, bei denen die Frau über 35 oder der Mann über 50 Jahre alt ist, wird eine Fruchtwasseruntersuchung in der Frühschwangerschaft angeboten. Auch Eltern, die bereits ein Kind mit einer Chromosomenanomalie haben, oder bei denen bestimmte erbliche Stoffwechseldefekte vorliegen haben darauf Anspruch.

Die Fruchtwasserentnahme wird mittels Amniozentese durchgeführt. Der Schwangeren wird bei diesem Eingriff die Fruchtblase punktiert. Die entnommene Menge Fruchtwasser wird auf chromosomale Defekte untersucht. Die Punktion geschieht unter lokaler Betäubung der Bauchhaut mit einer Hohlnadel, die durch den Bauch in die Fruchtblase gestochen wird. Das Risiko, damit eine Fehlgeburt einzuleiten, ist um ein Prozent geringfügig erhöht.
Der normale Zeitpunkt für eine Amniozentese ist die 16. SSW. Den Eltern wird damit die Möglichkeit gegeben, eine Verdachtsdiagnose auszuschließen oder sich frühzeitig auf die Situation vorzubereiten. Aber auch, sich für oder gegen das Kind zu entscheiden. Doch dauert die Analyse einige Wochen – eine Zeit banger Ungewissheit für die werdenden Eltern.
Eine Amniozentese ist auch in der Spätschwangerschaft noch möglich, etwa zum Ausschluss einer Rhesus-Unverträglichkeit (Morbus haemolyticus fetalis) oder bei Verdacht auf eine Plazentainsuffizienz.

Eine frühe Methode der PD ist die Chorionbiopsie bzw. Chorionzotten-Biopsie. Sie ist bereits ab der neunten, empfohlen ab der 11. SSW möglich und nur auf expliziten Wunsch der werdenden Eltern durchzuführen. Bei dem Eingriff wird aus der embryonalen Höhle etwas Gewebe entnommen, das nicht zum Embryo gehört, genetisch aber i.d.R. identisch ist. Die Probe wird durch den Muttermund oder durch Punktion der Bauchdecke entnommen. Einige Chromosomenstörungen und Stoffwechselerkrankungen werden in der Analyse erkennbar, andere nicht. So können folgende genetisch bedingte Besonderheiten des Kindes aufgedeckt werden: Trisomie 21, Down-Syndrom, Pätau-Syndrom, (Trisomie 13), das Edwards-Syndrom (Trisomie 18), sowie einige Stoffwechselerkrankungen. Nicht diagnostizierbar sind zum Beispiel Neuralrohrfehlbildungen oder Bauchwandfehlbildungen.
Das Risiko, eine Fehlgeburt zu erleiden, beträgt auch bei einer Chorionzotten-Biopsie etwa 1:100.

Die Chorionzotten-Biopsie wird heute oft ersetzt durch die Messung der erhöhten Nackentransparenz mittels Ultraschall. Das ist in der 11. bis 14. SSW möglich und bringt bei einigen Störungen Ergebnisse. So bei beim Pätau-Syndrom (Trisomie 13), bei den Trisomien 10, 15, 16, 18, 21 und 22, beim Triplo-X-Syndrom (Trisomie X), der Tetrasomie 12 p, dem Cornelia-de Lange-Syndrom, dem Turner-Syndrom und anderen. Da aber auch weniger gravierende Störungen zu erhöhter Nackentransparenz führen können, gilt der positive Befund als nicht absolut sichererer „Softmarker“, der weiterer Überprüfung bedarf.

Für die meisten Defekte, die mit der Chorionzotten-Biopsie früh erkannt werden können, gibt es keine Therapien, die die Entwicklung des Kindes in „normale“ Bahnen lenken könnten. Die Eltern sind aufgefordert und oft auch überfordert, die gemeinsame Zukunft zu planen. Oder das Kind zu verlieren. Vor der Entscheidung für jede PD sollten die werdenden Eltern deshalb Informationsangebote von Beratungsorganisationen in Anspruch nehmen, oder eine genetische Beratung verlangen.