Interessantes rund um Zoster und die Zosterimpfung / Teil II

April 2017

Kann man sich mit Zoster (Gürtelrose) anstecken? Wie gut schützt die Impfung? Ist die Impfung auch für diejenigen empfehlenswert, die schon eine Gürtelrose hatten? Warum muss man sich überhaupt impfen lassen, wenn man schon Windpocken hatte? Der Zusammenhang zwischen Windpocken und Zoster wirft interessante Fragen auf, die immer wieder in unserer Impfsprechstunde zur Sprache kommen. Für unsere Leser stellen wir wissenswerte Fakten zusammen, die wir Ihnen in zwei aufeinander folgenden Newslettern darstellen. Hiermit erhalten Sie Teil II, der erste Teil kann hier eingesehen werden.

Inhalt Zoster II

- Kontraindikationen der Impfung
- Ist es sinnvoll, Patienten, die schon Zoster
  hatten zu impfen?
- Ist ein bestimmter Impfabstand zu einer
  Zosterepisode notwendig?
- Ist Zoster trotz Impfung möglich?
- Ist eine Auffrischung notwendig?
- Neuer Impfstoff schützt über 70-Jährige

Kontraindikationen der Impfung

Der derzeit verfügbare Lebendimpfstoff ist nicht für Personen mit geschwächtem Immunsystem geeignet. Das heißt Patienten, die an einem angeborenen oder erworbenen Immundefekt leiden oder mit immunsuppressiven Medikamenten (einschließlich hoher Dosen von Kortikosteroiden) behandelt werden, können in der Regel nicht mit dem derzeit zugelassenen Herpes-Zoster-Impfstoff geimpft werden. Auch eine aktive unbehandelte Tuberkulose stellte eine Kontraindikation dar, ebenso wie eine Schwangerschaft. Letzteres ist aber bei der Zielgruppe der über 50-Jährigen sicher eher selten zu erwarten. (1)

Ist es sinnvoll, Patienten, die schon Zoster hatten zu impfen?

Der Impfstoff kann grundsätzlich auch bei denjenigen Personen eingesetzt werden, die bereits eine Zoster-Episode durchgemacht haben. Allerdings kann derzeit noch nicht abschließend beantwortet werden, ob die Zoster-Impfung für diese Personengruppe hilfreich sein kann. Da Rezidive bei Immungesunden ohnehin selten sind, können bislang noch keine Schutzraten angegeben werden. Immerhin zeigt eine doppelblind-placebokontrollierte Studie aus dem Jahr 2010 mit 101 Personen ab 50 Jahren, die mindestens 5 Jahre vor der Impfung eine Zoster-Vorerkrankung hatten, dass der Impfstoff im Allgemeinen gut verträglich und immunogen war (2). In einer weiteren Studie aus dem Jahr 2015 zeigte sich, dass das Sicherheitsprofil des Impfstoffes nicht durch eine kürzlich vorangegangene Zostererkrankung verändert wird (3). Wenn keine Kontraindikation vorliegt, können also auch Personen geimpft werden, die bereits an Zoster erkrankt waren.
In Sachsen wird dies ausdrücklich empfohlen: Die Sächsische Impfkommission (SIKO) sprach im Jahr 2010 eine Empfehlung für die Zosterimpfung aus, die für alle Personen ab 50 Jahren gilt, und zwar unabhängig davon, ob bereits eine Zoster-Erkrankungen durchgemacht wurde (4).

Ist ein bestimmter Impfabstand zu einer Zosterepisode notwendig?

Dazu liegen keine einheitlichen Aussagen vor. Es gibt unterschiedliche Empfehlungen aus verschiedenen Ländern in Bezug auf den Abstand zwischen einer Zosterimpfung einer vorangegangene Zosterepisode (5-7).In Großbritannien empfiehlt die PHE (Public Health England), dass Personen mit Zoster oder Post-Zoster-Neuralgie mit der Impfung warten sollen, bis die Symptome abgeklungen sind. In den USA weist das CDC (Centers of Disease Control and Prevention) darauf hin, dass es keinen bestimmten Mindestabstand zwischen einer Zostererkrankung und der Verabreichung des Zoster-Impfstoffes gibt. Die Gesundheitsbehörden in Australien und Kanada empfehlen, frühestens ein Jahr nach einer Zoster-Erkrankung zu impfen.Die Entscheidung, wann geimpft werden sollte, liegt beim Arzt. Im Allgemeinen sollte sichergestellt werden, dass der Zoster-Ausschlag vor der Impfung abgeheilt ist. Idealerweise sollte die Zoster-Impfung erst dann erfolgen, wenn die antivirale Therapie (z. B. mit Aciclovir) abgeschlossen ist, da die Therapie die Immunantwort auf die Impfung beeinträchtigen kann. Bedacht werden sollte auch, dass das natürliche Boostering, welches nach einer Zoster-Episode auftritt, den Nutzen einer Zoster-Impfung direkt nach der Genesung begrenzt.

Ist eine Zostererkrankung trotz Windpocken-Impfung möglich?

Das Impfvirus kann vergleichbar dem Wildvirus latent in den Nervenganglien verbleiben und in seltenen Fällen nach endogener Reaktivierung einen Zoster auslösen. Die Erkrankung kann daher auch bei Personen auftreten, die mit einem Lebendimpfstoff gegen Varizellen geimpft wurden, selbst bei Kindern. Tatsächlich haben molekularbiologische Untersuchungen gezeigt, dass etwa die Hälfte aller Zostererkrankungen bei geimpften Kindern durch den Varizellenimpfstamm ausgelöst wird. Allerdings ist zu bedenken, dass die jährliche Inzidenz des Zosters im Kindes- und Jugendalter mit 42–220 Erkrankungen pro 100.000 Personen gering ist. Zudem erkranken geimpfte Kinder insgesamt 3–12-mal seltener am Zoster als nichtgeimpfte.Die Erkrankung tendiert bei Geimpften zu einem klinisch milderen Verlauf, und das Exanthem ist häufig in anatomischer Nähe zur früheren Impfinjektionsstelle zu finden. (8, 9)

Ist eine Auffrischung notwendig?

Der Zoster-Impfschutz hält voraussichtlich mindestens sieben Jahre an (10). Bei Patienten mit Autoimmun-Erkrankungen hält der Schutz möglicherweise nur 5 Jahre an (11). Derzeit existieren noch keine Empfehlungen zur Notwendigkeit oder Terminierung von Auffrischimpfungen.

Kostenerstattung

Da es bisher noch keine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) für die Herpes-Zoster-Impfung in Deutschland gibt, übernehmen die Krankenkassen die Kosten für die Impfung in der Regel nicht. Allerdings lohnt es sich nachzufragen: Einige Kassen erstatten ihren Versicherten immerhin einen Teil der Kosten (12). Andere Krankenkassen übernehmen die Kosten für die Impfung nur "im Einzelfall bei ärztlich begründeter Notwendigkeit". Betriebskrankenkassen übernehmen die Kosten für Impfstoff und ärztliches Honorar oftmals vollständig. Bei den privaten Krankenversicherern hängt die Erstattung der Impfung vom gewählten Tarif ab. Sofern die Impfung nicht erstattet wird, kann sie als "IGeLeistung" angeboten und abgerechnet werden. (10)

Neuer Impfstoff schützt auch über 70-Jährige

Derzeit läuft ein Zulassungsverfahren für einen neuen, gentechnisch produzierten Impfstoff, der als Antigene nur Teile des Virus (das Oberfächen-Glykoprotein E) enthält, und deshalb auch bei abwehrgeschwächten Patienten nicht replikationsfähig ist. In einer Phase-III-Studie bei Senioren im Alter von z. T. weit über 70 Jahren hat der Impfstoff eine hohe Schutzwirkung erzielt.
Eine Reihe klinischer Studien untersucht die Schutzwirkung derzeit in verschiedenen Patientenkollektiven, wie Nierentransplantierten, Patienten mit soliden oder hämatologischen Tumoren und Patienten nach autologer Stammzelltransplantation. Der Nutzen des neuen Impfstoffes wird unter anderem davon abhängen, ob er auch Immunsupprimierte effektiv gegen Herpes Zoster schützt, und wie lange die Schutzwirkung insbesondere bei älteren Personen anhält. (13)

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Regelmäßige Updates (mindestens 2 mal jährlich) sorgen dafür, dass die Informationen stets aktuell sind. Die Praxismappe können Sie in unserem Onlineshop bestellen.

Quellen:

  1. Fachinformation zu Zostavax®
  2. Mills, R. et al (2010): Safety, tolerability, and immunogenicity of zoster vaccine in subjects with a history of herpes zoster. Vaccine, 28(25):4204-9.
  3. Morrsion, V.A. et al. (2015): Long-term persistence of zoster vaccine efficacy. Clin Infect Dis. 60(6):900-9.
  4. Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Schutzimpfungen in Sachsen e.V.: Impfung gegen Gürtelrose (Herpes zoster) www.ghuss.de/info_impf/Impfflyer_Zoster_GHUSS_11062013.pdf
  5. Public Health England: Vaccination against shingles: 2015/16  Information for healthcare professionals; Public Health England Wellington House 133-155 Waterloo Road London SE1
  6. Canadian Immunization Guide: Part 4 - Active Vaccines: Herpes Zoster (Shingles) Vaccine www.cdc.gov/vaccines/vpd-vac/shingles/hcp-vaccination.htm#hzv
  7. The Australian Immunisation Handbook 10th Edition, 4.24 Zoster (herpes zoster) www.immunise.health.gov.au/internet/immunise/publishing.nsf/Content/Handbook10-home~handbook10part4~handbook10-4-24
  8. Robert Koch-Institut: Ratgeber für Ärzte: Windpocken, Herpes zoster (Gürtelrose) 2016 www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Varizellen.html
  9. Sauerbrei, A. (2014): Herpes zoster im Kindes- und Jugendalter; Monatsschrift Kinderheilkunde, Zeitschrift für Kinder- und Jugendmedizin, 162:1135–1144; Springer-Verlag Berlin Heidelberg DOI 10.1007/s00112-014-3262-y
  10. Leischker, A.H. Die Impfsprechstunde (4): Zoster-Impfung: Wann und für wen?  allgemeinarzt-online vom 02.06.2015 www.allgemeinarzt-online.de/a/zoster-impfung-wann-und-fuer-wen-1714725
  11. Yun, H. et al. (2017): Longterm Effectiveness of Herpes Zoster Vaccine among Patients with Autoimmune and Inflammatory Diseases; J Rheumatol. pii: jrheum.160685. doi: 10.3899/jrheum.160685 
  12. Gesellschaft für Virologie e.V.: Herpes Zoster: Neuer Impfstoff schützt auch über 70-Jährige; www.g-f-v.org/impfung_therapie