Interessantes rund um Zoster und die Zosterimpfung / Teil I

Dezember 2016

Kann man sich mit Zoster (Gürtelrose) anstecken? Wie gut schützt die Impfung? Ist die Impfung auch für diejenigen empfehlenswert, die schon eine Gürtelrose hatten? Warum muss man sich überhaupt impfen lassen, wenn man schon Windpocken hatte? Der Zusammenhang zwischen Windpocken und Zoster wirft interessante Fragen auf, die immer wieder in unserer Impfsprechstunde zur Sprache kommen. Für unsere Leser stellen wir wissenswerte Fakten zusammen, die wir Ihnen in zwei aufeinander folgenden Newslettern darstellen möchten.

Inhalt Zoster I

- Ein Virus – zwei Krankheitsbilder
- Krankheitsbild und Komplikationen
- Ansteckungsgefahr durch Gürtelrose?
- Wer bekommt Zoster?
- Sind mehrmalige Zosterepisoden möglich?
- Allgemeines zur Zosterimpfung

Ein Virus – zwei Krankheitsbilder

Das Varicella-Zoster-Virus (VZV) kann zwei verschiedene klinische Krankheitsbilder verursachen. Als Erstinfektion treten Varizellen (Windpocken) auf. Nach Abklingen der Erkrankung verbleiben die Erreger in den hinteren Wurzeln der spinal- und Hrinnervenganglien. Bei endogener Reaktivierung der Viren kommt es zum Herpes Zoster (Gürtelrose). Eine Gürtelrose tritt demnach nur bei Menschen auf, die bereits früher einmal Windpocken hatten.

Krankheitsbild und Komplikationen

Der Name Gürtelrose geht auf den Befall von Nerven zurück, die von der Wirbelsäule ausgehen und (halb)gürtelförmig um den Rumpf verlaufen. Die Erkrankung zeigt sich u. a. durch einen entsprechenden regional begrenzten Hautausschlag (thorakale Dermatome) und z. T. starke brennende Schmerzen oder auch Sensibilitätsstörungen. Mögliche Komplikationen sind u. a. Post-Zoster-Neuralgien (PZN), bakterielle Superinfektionen und ein Zoster ophthalmicus. Auch ist bekannt, dass sich das Schlaganfallrisiko nach einer Zosterepisode deutlich erhöht. Bei einer Immundefizienz kann es zum disseminierten Zoster kommen, der nicht mehr segmental begrenzt ist, und generalisieren kann. Solche Verläufe können lebensbedrohlich sein.

Ansteckungsgefahr durch Gürtelrose?

Auch wenn es immer wieder vermutet wird: Ein Patient mit einer Gürtelrose kann niemanden mit Gürtelrose anstecken. Wenn eine Kontaktperson ebenfalls einen Zoster entwickelt, ist dies Zufall. Es besteht kein ursächlicher Zusammenhang. Jeder bekommt „seinen eigenen Zoster“, weil lediglich die bereits im Körper schlummernden Viren aktiviert werden.
Aber: An Gürtelrose Erkrankte können die Viren durchaus auf empfängliche (nicht immune) Personen übertragen. Diese erkranken dann an Windpocken. Besonders vor Ansteckung geschützt werden müssen Menschen mit einem geschwächten Immunsystem und nichtimmune Schwangere, für die die Windpocken besonders gravierend sind, da Windpocken zur Embryopathie und zu perinatalen Varizellen führen können.
Während sich die Viren bei Windpocken auch durch Tröpfcheninfektion bzw. die Atemluft verbreiten können, werden sie bei einer Gürtelrose meist über Schmierinfektion (Bläscheninhalt) verbreitet. Ein Abdecken der Hautläsionen und eine sorgfältige Handhygiene kann die Ansteckungsfähigkeit daher deutlich reduzieren.

Wer bekommt Zoster?

Es ist davon auszugehen, das mehr als 95 Prozent der Erwachsenen in Deutschland im Alter über 40 Jahre eine Infektion mit Varicella-Zoster-Virus durchgemacht haben. Fast jeder Erwachsene könnte also an einer Gürtelrose erkranken. Schätzungen zufolge erkranken in Deutschland jährlich etwa 350. 000 Menschen.
Zur Reaktivierung der Viren kann es vor allem aufgrund einer Schwächung der zellulären, also der T-Zell-vermittelten Immunität kommen.
Die häufigste Ursache für eine Verminderung der T-Zell-vermittelten Immunität ist das Alter, weshalb eine deutliche Zunahme der Erkrankungshäufigkeit bei Menschen jenseits des 60sten Lebensjahres beobachtet wird. Eine Schwächung der zellulären Immunität kann aber auch z. B. durch eine HIV-Infektion, einen Diabetes, eine Tumorerkrankung, eine Therapie mit Glukokortikoiden oder anderen Immunsuppres¬siva oder durch ausgeprägten körperlichen oder psychischen Stress verursacht werden. Eine aktuelle Studie belegt, dass die Behandlung mit Statinen das Zosterrisiko um 13 Prozent erhöht (4). Dabei wird ein kausaler Zusammenhang vermutet, der Mechanismus ist allerdings noch unklar.

Sind mehrmalige Zosterepisoden möglich?

Bei Immunkompetenten zeigt sich eine Gürtelrose normalerweise nur einmal im Leben (5). Lediglich etwa jeder 20. immunkompetente Patient erleidet ein Rezidiv, in der Regel im gleichen Dermatom (6). Die klinischen Symptome sind dann meist milder ausgeprägt (7). Von Zoster-Rezidiven häufiger betroffen sind Patienten mit Problemen des Immunsystems oder nach einer Tumorerkrankung.

Kasuistik

Im Rahmen der Impfsprechstunde wandte sich ein Patient an das Deutsche Grüne Kreuz e. V. Er litt nach seinen Angaben unter einer Gürtelrose, die alle paar Monate wiederaufflammte. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein zu prüfen, ob es sich tatsächlich um eine Infektion mit dem Varicella-Zoster-Virus handelt oder aber um eine Infektion mit einem Herpes-simplex-Virus, was von der Symptomatik ganz ähnlich sein kann. Sicher überprüfbar ist das nur virologisch über einen Abstrich (Bläscheninhalt). Hilfreich für den Arzt ist es, sich vorab mit einem virologischen Labor oder bei besonders schwierigen Fällen dem zuständigen Konsiliarlabor für Herpes-simplex-Virus (HSV) und Varicella-Zoster-Virus (VZV) in Jena in Verbindung setzen.

Allgemeines zur Zosterimpfung

Seit Ende 2013 ist ein attenuierter Lebendimpfstoff gegen Herpes Zoster für Personen ab 50 Jahre in Deutschland verfügbar (zugelassen seit 2006).
Der Impfvirusstamm entspricht dem des Varizellen-Impfstoffes, die Menge der Impfviren ist allerdings 14-fach höher als bei der Varizellen-Impfung. Die Impfung mit diesem hochdosierten Impfstoff führt zu einer "Boosterung" der Varicella-Zoster-Virus-spezifischen Immunität, insbesondere der zellulären Immunität. Die Applikation erfolgt einmalig subkutan, aber auch eine intramuskuläre Verabreichung ist möglich.
In klinischen Studien reduzierte der Impfstoff bei gesunden Personen ab 50 Jahren das Risiko, an Herpes Zoster zu erkranken, um 51 Prozent. Dabei nahm die Wirksamkeit des Impfstoffs mit zunehmendem Alter aufgrund der Immuno-seneszenz ab. Geimpfte Personen, die an Herpes Zoster erkrankten, litten zudem weniger häufig unter der Postherpetischen Neuralgie als Ungeimpfte. Dieses war ein wesentliches Ziel bei der Impfstoffentwicklung, weil die heftigen neuralgischen Schmerzen in der Regel nur unbefriedigend behandelbar sind.
Eine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) für die Herpes-Zoster-Impfung in Deutschland gibt es bisher nicht. Bislang empfiehlt nur die Sächsische Impfkommission (SIKO) die Impfung ab 50 Jahren. Wann genau die STIKO eine Entscheidung über eine Impfempfehlung gegen Herpes Zoster fällen wird, kann derzeit noch nicht angegeben werden. Dennoch kann der Impfstoff natürlich abgewendet werden. Da die Impfung derzeit nicht in die aktuelle Schutzimpfungsrichtlinie (SI-RL) aufgenommen und damit keine Pflichtleistung der Gesetzlichen Krankenkassen ist, ist die Kostenerstattung vor der Impfung zu klären.

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Quellen:

  1. Windpocken, Herpes zoster (Gürtelrose), RKI-Ratgeber für Ärzte. Herausgeber: Robert Koch-Institut, 2016    http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Varizellen.html
  2. Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Herpes zoster / Homepage des Robert Koch-Instituts unter www.rki.de, Stand: 01/2016
  3. Fachinformation zu Zostavax®
  4. Matthews, A. et al. Statin use and the risk of herpes zoster: a nested case–control study using primary care data from the U.K. Clinical Research Practice Datalink. BJD 2016; doi: 10.1111/bjd.14815
  5. Tsen, H.-F et al.: Herpes Zoster Vaccine and the Incidence of Recurrent Herpes Zoster in an Immunocompetent Elderly Population. J Infect Dis 2012, doi: 10.1093/infdis/jis334
  6. Kempfa, W. et al.: Schweizer Empfehlungen für das Management der Varicella-Zoster-Virus-Infektion: Schweiz Med Forum 2007;7:895–905
  7. Nakamura, Y. et al.: Clinical and immunologic features of recurrent herpes zoster (HZ). J Am Acad Dermatol. 2016; 75(5):950-956.e1. doi: 10.1016/j.jaad.2016.05.037.