Influenza-Impfung bei Schwangeren

Neues vom Influenza-Kongress der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV)

Oktober 2015

Eine Influenza-Erkrankung ist bei Schwangeren wesentlich häufiger mit schwerwiegenden Komplikationen wie beispielsweise einer Lungenentzündung verbunden als bei Nicht-Schwangeren. Dadurch ist nicht nur die werdende Mutter selbst, sondern auch das Ungeborene gefährdet. Seit dem Jahr 2010 wird daher allen Schwangeren empfohlen, sich gegen Influenza impfen zu lassen. Aber wie sieht die Umsetzung aus?

Niedrige Impfquoten

Auf dem Influenza-Kongress der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV), der im September 2015 in Erfurt stattfand, wurden Daten zu großen Impflücken vorgestellt. Laut Dr. med. Lutz Hoins werden nur rund 15 Prozent der Frauen während einer Schwangerschaft gegen die Grippe geimpft. Hoins, der auf der Tagung einen Vortrag zum Thema hielt, beobachtet aus seiner Praxis, dass selbst jene Schwangere, die zusätzlich zu bestimmten Risikogruppen gehören, der Impfung gegenüber nicht immer aufgeschlossen sind. „Ob sich eine Schwangere gegen Grippe impfen lässt, ist nach meiner Erfahrung nicht von zusätzlichen Risikofaktoren, sondern nur von der inneren Einstellung der Patientinnen gegenüber Impfungen und dem Engagement der betreuenden Praxis abhängig“, so der in Bremen niedergelassene Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe. Mangelndes Vertrauen Hauptgrund für Ablehnung
In einer 2014 veröffentlichten Studie wurde die Haltung Schwangerer gegenüber der Grippe-Schutzimpfung untersucht (1). Die Forscher hatten dafür mehr als 1.000 werdende Mütter befragt. Unter den Frauen, die eine Influenza-Impfung ablehnten, gaben 60 Prozent mangelndes Vertrauen in die Impfung an. 65 Prozent von diesen wiederum fürchteten sich vor möglichen Nebenwirkungen der Impfung. 40 Prozent der Schwangeren waren der Meinung, eine Influenza-Impfung sei nicht notwendig.

Die Impfung ist sicher

Dabei ist die Impfung auch für Schwangere sicher. Auch gibt es keine schädigenden Wirkungen auf den Fetus, wenn die Mutter gegen Influenza geimpft wird. Ganz im Gegenteil: In Anbetracht des Risikos, das eine mütterliche Influenzainfektion sowohl für die Mutter als auch für den Fetus darstellt, gibt es keinen Grund, schwangere Frauen nicht gegen Influenza zu impfen. (2, 3) In den USA ist die Impfung übrigens seit 2004 empfohlen.

Überschießende Immunantwort durch Grippe

Seit kurzem weiß man, warum eine Influenza bei Schwangeren häufiger komplikationsreich verläuft. Grund ist eine überschießende Immunantwort. Durch besonders starke Entzündungsreaktionen auf den Erreger wird die Respiration beeinträchtigt. Dies kann erklären, warum Schwangere bei einer Influenza ein erhöhtes Risiko für Lungenentzündungen haben – mitunter mit tödlichem Ausgang.

Gesundheit des Kindes wichtigstes Argument für Mütter

Neugeborene profitieren von der Impfung ihrer Mütter zusätzlich dadurch, dass über die Plazenta Antikörper von der Mutter an das Kind weitergegeben werden, die dem Neugeborenen einen gewissen Schutz in den ersten Monaten nach der Geburt verleihen. (4) Krankenhausaufenthalte werden damit, so Hoins, verhindert. (5, 6) Den Erfahrungen des Bremer Gynäkologen zufolge ist dies das wichtigste Argument, das skeptische Schwangere umstimmen kann: „Erst die Information über den Schutz des Kindes überzeugt viele Schwangere. Dass sie ihrem Kind mit der Impfung direkt etwas Gutes tun, indem sie es vor Krankheiten im ersten Lebensjahr bewahren, ist das schlagende Argument.“ Nicht die eigene Gesundheit sei für die werdende Mutter von Bedeutung, sondern die des Kindes.

Schlüssel für höhere Impfquoten

Die oben erwähnte Studie zeigte auch, dass der Arzt für die Schwangeren die wichtigste Informationsquelle ist. Bei den betreuenden Gynäkologen und Hausärzten der werdenden Mütter liegt also ein Schlüssel für höhere Impfquoten. In der Praxis von Hoins sind fast 90 Prozent der Schwangeren gegen Influenza geimpft. Dem Arzt ist dies ein besonderes Anliegen, für das er sich Zeit nimmt, und das er mit Nachdruck vertritt: „Nur wer selber fest der Überzeugung ist, dass Impfungen wichtig und richtig sind, der kann auch andere gewinnen“.

Impfempfehlung

Bei den in Deutschland zugelassenen Influenza-Impfstoffen für Erwachsene handelt es sich um Totimpfstoffe. Eine Impfung ist daher grundsätzlich in jedem Stadium der Schwangerschaft unbedenklich. Für gesunde Schwangere empfiehlt die STIKO die Impfung dennoch erst ab dem 2. Schwangerschaftsdrittel. Damit soll verhindert werden, dass die im 1. Schwangerschaftsdrittel häufiger auftretenden Spontanaborte fälschlicherweise mit der Impfung in Verbindung gebracht werden und so im Einzelfall für die Betroffenen zu einer besonderen psychischen Belastung werden. Das wird übrigens grundsätzlich mit allen Impfungen so gehandhabt. Schwangere Frauen, bei denen aufgrund einer chronischen Grunderkrankung eine zusätzliche Indikation zur Influenza-Impfung besteht, sollten unabhängig vom Schwangerschafts stadium geimpft werden. Eine Impfung ist auch während der Stillzeit sinnvoll und erfordert keine Stillpause.

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Quellen:

  1. Birte Bödeker et al.: Cross-sectional study on factors associated with influenza vaccineuptake and pertussis vaccination status among pregnant women in Germany; Vaccine 32 (2014) 4131–4139
  2. Siri E. Håberg et al.: Risk of Fetal Death after Pandemic Influenza Virus Infection or Vaccination; New Engl. J. Med. 368:333-340 24.1.2013; DOI: 10.1056/NEJMoa1207210
  3. Sheffield, J. S. et al.: Effect of Influenza Vaccination in the First Trimester of Pregnancy; Obstet. Gynecol. 120: 532–7, 2012
  4. Warum wird die saisonale Influenzaimpfung auch für Schwangere empfohlen? www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/FAQ03.html
  5. Eick AA, Uyeki TM, Klimov A et al (2011) Maternal influenza vacciantion and effect on influenza virus infection in young infants. Arch Pediatr. Adolec Med 165(2):104-11
  6. Benowitz I, Esposito DB, Gracey KD, Vazquez M et al (2015) Influenca Vaccine for Mothers Protect Infants CID 2010:51