Unkontrollierte Selbstmedikation
Welche Risiken bestehen für das Baby im Bauch?
Es gibt für viele Krankheitsbilder und Beschwerden Arzneimittel, die während einer Schwangerschaft angewendet werden dürfen. Allerdings gibt es wesentlich mehr, die die gesunde Entwicklung des Babys gefährden. Doch nicht immer ist der Verzicht auf Medikamente der bessere Weg. Eine behandlungsbedürftige Krankheit sollte therapiert werden, denn der Verzicht auf nötige Arzneien gefährdet Mutter und Kind.

Hinreichend erprobte Arzneimittel gibt es unter anderem für die Behandlung von Allergien, Asthma, bakteriellen Infektionen, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Diabetes mellitus, Gastritis, Glaukom, Schwangerschaftserbrechen, Bluthochdruck, psychiatrischen Erkrankungen und von Schmerzen.

Ein potenzielles Risiko für das Kind besteht bei jedem Arzneistoff, der nicht ärztlich verordnet oder vom Apotheker als akzeptabel eingestuft worden ist. Das setzt natürlich deren Kenntnis über das Stadium der Umstände voraus. Die Zeit der ersten drei Schwangerschaftsmonate (1. Trimenon) ist die Embryonalphase. In diesen Wochen werden die meisten Fehlbildungen angelegt. Ab dem vierten Monat ist der Embryo zum Fetus herangewachsen: Alle Organe sind vorhanden und müssen nur noch reifen. Substanzen, die im ersten Trimenon besonders kritisch sind, werden als embryotoxisch bezeichnet, später gefährdende als fetotoxisch. Negative äußere Einflüsse in der Fetalphase führen zum Beispiel zu einem Entwicklungs­rück­stand oder zu Funktionseinbussen.

Was macht Arzneistoffe kritisch?

Die Planzentaschranke ist ein naturgegebener Wächter zwischen dem mütterlichen und fetalen Stoffwechsel. Mit ihrer Hilfe werden Stoffe, die dem Keim schaden könnten, von seinem Kreislauf ferngehalten. Doch viele Arzneimittel können diese Schranke passieren. Ob das Mittel schädlich ist, hängt von der Empfindlichkeit des Embryos bzw. Fetus und der Reife seiner Organe ab. Bis zur vierten Schwangerschaftswoche besitzt ein Embryo noch die Fähigkeit, reparable Schäden zu beheben oder die Frucht absterben zu lassen. Im späteren Verlauf ist er den Einflüssen von Umwelt, Lebensweise und Arzneimitteln aber ausgeliefert.

Neben den plazentagängigen Mitteln gibt es andere, die schädlich sind, ohne den fetalen Organismus direkt zu erreichen. Der Einfluss des Medikaments auf den Stoffwechsel der Mutter reicht dann bereits aus, die Versorgung des Kindes mit wichtigen Substanzen so zu beeinträchtigen, dass seine Entwicklung gestört wird.

Mutagenität – Teratogenität

Umwelteinflüsse, aber vor allem bestimmte Arzneistoffe können mutagen wirken, also das Erbgut bzw. Chromosomen verändern. Die Folgen können harmlos oder gravierend sein, denn die Art der Mutation bzw der Ort auf dem Chromosom ist meist nicht vorhersehbar. Bei einer geplanten Schwangerschaft sollten deshalb Mutter und Vater bereits im Vorfeld eine Alternative zu einem in dieser Hinsicht kritischen Arzneimittel gefunden haben. Beispiel: Potenziell mutagen ist die Behandlung von Warzen mit dem Zytostatikum Podophyllin.

Ein Arzneistoff – und jede Droge! – kann teratogen sein, das heißt Missbildungen hervorrufen. Eine einmalige Anwendung des Stoffes ist möglicherweise bereits entscheidend. Die Missbildung kann körperlich sein, aber auch biochemisch oder sich später als Verhaltensauffälligkeit äußern. Beispiel: Vitamin-A-Säure-Abkömmlinge (Retinoide), z. B. zur Behandlung von Akne, sind als teratogen bekannt.