Kann eine krebskranke Frau ein Kind bekommen?

Noch vor wenigen Jahrzehnten war die Diagnose „Krebs“ für Frauen im gebärfähigen Alter selten. Sie haben ihre Kinder zwischen 20 und 25 Jahren bekommen. Weil Krebserkrankungen nicht spontan auftreten, sondern sich über Jahre oder Jahrzehnte entwickeln, ist das Risiko bei so jungen Frauen noch gering.

Inzwischen liegt das mittlere Alter „Erstgebärender“ bei fast 30 Jahren. Mit dieser vergrößerten Zeitspanne ist auch die Wahrscheinlichkeit gestiegen, eine Krebserkrankung zu entwickeln. In dieser Lebensphase sind die häufigsten Formen Brustkrebs (Mammakarzinom) und Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom).

Der Krebs wird in der Regel operativ, mit Bestrahlungen und / oder mit Chemotherapie behandelt. Bestrahlungen und Chemotherapie schließen eine normale Schwangerschaft nach der Behandlung praktisch aus: Eierstöcke sind gegenüber der verwendeten Chemotherapeutika und Strahlen so empfindlich, dass eine bleibende Schädigung wahrscheinlich ist.

Ist der Kinderwunsch aber bereits vor der Behandlung bekannt, gibt es durchaus Möglichkeiten, die Fruchtbarkeit zu erhalten.

Eine aus ethischen Gründen in Deutschland nicht erlaubte Methode ist die Kryokonservierung von Embryonen, die nach der Strahlentherapie wieder eingesetzt werden. Diese Methode, bei der Zellen durch Einfrieren in flüssigen Stickstoff in eine Art Kältestarre versetzt werden, ist aber auch hier zu Lande für Eizellen möglich. Die bereits oder sogleich befruchtete Eizelle – hier bereits beginnt die ethische Diskussion – ist nach dem Auftauen wieder vollkommen intakt und kann in die Gebärmutterhöhle eingepflanzt werden. Es ist eine Vorgehensweise der „assistierten Reproduktion“.

Eine ältere Methode, die Fruchtbarkeit zu erhalten, besteht darin, vor Beginn der Bestrahlungsserie die Eierstöcke zu „verlegen“. Sie werden mit einem operativen Eingriff durch die Bauchdecke aus dem Strahlungsfeld hinaus um wenige Zentimeter transpositioniert, gegebenenfalls mit einem Titanclip vor Strahlung geschützt und zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurück platziert.

Zuletzt gibt es zum Fertilitätserhalt auch Arzneistoffe, mit denen die Fortpflanzungsorgane begleitend zur Krebstherapie medikamentös geschützt werden können. Es sind GnRH-Agonisten, dem körpereigenen Gonadotropin Releasing Hormone nachempfundene Substanzen. Sie senken den Testosterongehalt des Blutes. Diese Methode befindet sich aber derzeit noch in einem experimentellen Stadium.

Daneben bestehen für Frauen mit Kinderwunsch natürlich auch andere Möglichkeiten, ein Kind auszutragen. Etwa mit einer gespendeten Eizelle, die der Partner befruchtet, oder indem ihr Ovarien einer Spenderin transplantiert werden.

Welche Methode die geeignete ist, wird gemeinsam mit den behandelnden Experten entschieden. Ausschlaggebend dafür sind unter anderem das Alter der Frau und die Zeitspanne, die zwischen Diagnose und Therapie der Krebserkrankung verbleibt.