Lieber Hund als Hamster?

Keine Haustiere für Kinder mit Allergien?

Wer Allergien und Asthma vermeiden will, sollte auf Katzen und Hunde im Haushalt verzichten, so die Empfehlungen der meisten Fachgesellschaften. Ganz so eindeutig ist die Studienlage aber nicht.

Nach Angaben der beiden deutschen Fachgesellschaften für Allergologie – dem Ärzteverband Deutscher Allergologen e. V. (ÄDA) und der Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAI) – gilt als gesichert: Kinder, die bereits in jungen Jahren Überreaktionen auf Katzenhaare entwickeln, sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, später an Asthma zu erkranken. Haustiere sind allerdings nicht unbedingt immer ein Auslöser für Asthma.

Die Empfehlung, Haustiere bei bestehender Allergie zu meiden, kann nicht einfach auf die Prävention von Asthma übertragen werden, sagte Dr. Joachim Heinrich vom GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit bei einem Symposium des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte in München.
Eine 1998 weltweit durchgeführte Studie kam zu dem Ergebnis, dass deutliche Unterschiede zwischen Stadt- und Landkindern festzustellen sind. Kinder, die auf dem Bauernhof leben und häufiger mit Katzen und Hunden in Kontakt kommen, scheinen weitaus weniger von der krankhaften Atemnot betroffen zu sein. Eine Katze im Haus bei Geburt des Kindes hat nicht unbedingt später eine Katzenallergie zur Folge. Möglicherweise schützen Hunde oder Katzen im Haushalt Kleinkinder sogar vor Asthma und Heuschnupfen.

Wie soll das funktionieren? Dafür gibt es zwei Hypothesen: Zum einen könnte die „behütete“, „keimfreie“ Umgebung, in der viele Kinder in Industrienationen aufwachsen, zu einer Unterforderung ihres Abwehrsystems führen. Daher reagiert es plötzlich auf Stoffe, die eigentlich nicht als fremd erkannt werden sollen – beispielsweise Katzenhaare. Unter diesen Bedingungen löst eine Katze also möglicherweise eine Allergie aus.

Das könnte aber gleichzeitig bedeuten, dass das Abwehrsystem bei Kontakt mit vielen Tieren und potenziell gesundheitsschädlichen Stoffen oder Mikroorganismen, etwa auf dem Bauernhof, ausreichend beschäftigt und deshalb vor dem Auftreten von Allergien geschützt ist. Dazu gibt es bereits Studien, die unter anderem in Deutschland durchgeführt wurden.

Nach der zweiten Hypothese gewöhnt sich das Abwehrsystem möglicherweise bei Kontakt mit vielen Tieren einfach an die Allergene – ähnlich wie bei der Hyposensibilisierung bzw. der „Spritze gegen die Allergie“ entwickelt sich eine Toleranz.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Vor dem Kauf eines Tieres ist ein Allergietest anzuraten. Es wäre doch zu schade, wenn das kleine Kätzchen wegen einer Tierhaar-Allergie wieder abgegeben werden muss. Weisen Kinder ein erhöhtes allergisches Risiko auf, ist ein Hund der am ehesten geeignete Hausgenosse. Katzen, Meerschweinchen, Hamster und Hasen sind keine „gesunden“ Mitbewohner.

Bei einem bereits bestehenden Asthma bronchiale sollte auf die Anschaffung eines Hundes oder einer Katze verzichtet werden. Nichts spricht allerdings gegen die Anschaffung eines felllosen Haustieres, wie einer Schildkröte oder Fischen.

Quellen: Pressemitteilung des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen (ÄDA) und der Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAI), 29. Januar 2004.; Ärzte-Zeitung, 28. Oktober 2004; Ärzte-Zeitung, 11.11.2005; Riedler, J. et al.: Exposure to farming in early life and development of asthma and allergy: a cross-sectional survey. The Lancet 358:1129-1133, 2001.

(aus: das gesunde Kind (pgk), Jg. 40, 1/2 – 2006)