Allergie-Diagnostik

Bei der Diagnose allergischer Erkrankungen besteht das spezielle Problem, dass den Krankheitsbeschwerden - wie etwa Schnupfen, Asthma oder Ekzeme - eine Unmenge aller-gieauslösender Substanzen gegenüberstehen. Um aus den mindestens 20.000 bisher wissenschaftlich bekannten Allergenen das für den Patienten Zutreffende herauszufinden, bedarf es "detektivischer Fähigkeiten" und aufwendiger Diagnosemethoden.
Die Allergiediagnostik verläuft in der Regel nach folgenden vier Stufen:

1. Anamnese

Aus der Erhebung der allergologischen Krankheitsvorgeschichte können bereits wertvolle Hinweise auf den möglichen Allergieauslöser gewonnen werden. Zusätzlich sollen die häusliche und berufliche Umwelt, die Lebens- und Ernährungsgewohnheiten sowie die zumindest orientierende Erfassung des psychosozialen Umfeldes berücksichtigt werden.
In besonderer Weise sind selbstbeobachtete Beziehungen zwischen den allergischen Symptomen und möglichen Allergenen sowie die Umgebungsbedingungen privater und beruflicher Art festzuhalten. Besonders wichtig sind die Erfassung des Krankheitsbeginns (auch möglicher "Vorboten") und die Hinweise auf den primären Allergenkontakt.

2. Hauttests

Hauttests (Prick-Test, Intrakutantest, Scratch-Test und Reibtest) sind ein Fundament der Allergiediagnostik. Hier werden Proben verschiedener Substanzen (mögliche Allergene) auf die Haut aufgebracht und beobachtet, ob eine allergische Reaktion an dieser Hautstelle (als Pustel oder Quaddel) auftritt. Je nach diagnostischer Zielsetzung kann sich der Arzt beschränken und durch Einzelproben die laut vorhergehender Befragung verdächtigen Allergene prüfen ("Bestätigungstest").
In den meisten Fällen jedoch handelt es sich um eine Suchdiagnostik, bei der es darauf ankommt, durch Gruppenextrakte in einer einzigen Sitzung ein möglichst breites Allergenspektrum zu erfassen. Hauttests führen zu falschen Ergebnissen, wenn gleichzeitig Antihistaminika oder Kortikosteroide eingenommen werden. Daher sollten schon fünf Tage vor einem beabsichtigten Hauttest Antihistaminika gemieden werden. Für Kleinkinder sind diese Tests nicht optimal geeignet.

Im Einzelnen:

  • Prick-Test:
    Auf dem Arm wird ein Tropfen mit der Testlösung aufgetragen und dann die Haut an dieser Stelle mit der Prick-Lanzette etwa 1 Millimeter tief durchstochen. Im Falle einer bestehenden Allergie gegen die Testsubstanz hat sich nach etwa 20 Minuten dann an dieser Stelle eine Quaddel gebildet. Bei Allergien des Soforttyps wird der Prick-Test als Standardmethode angewandt.
  • Intrakutantest:
    Hierbei wird das Allergen mit einer Nadel in die Haut gespritzt. Der Intrakutantest ist etwa 10.000 Mal empfindlicher als der Prick-Test, ergibt aber häufiger falsch positive Ergebnisse, vor allem bei Nahrungsmittelallergenen.
  • Scratch-Test:
    Durch die aufgetragenen Testlösung hindurch wird die Haut oberflächlich angeritzt. Wegen des relativ großen Hautreizung ist dieser Test nicht immer eindeutig. Daher hat der Scratch-Test heutzutage an Bedeutung verloren.
  • Reibtest:
    Das Allergen wird mehrfach auf der Innenseite des Unterarms hin- und hergerieben. Dieser Test wird dann eingesetzt, wenn eine hochgradige Sensibilisierung des Patienten besteht. Da dieser Test mit dem natürlichen Allergen durchgeführt wird, ist er auch geeignet, wenn die allergieauslösende Substanz nicht in industriell vorgefertigter Ausführung erhältlich ist.
  • Epikutantest (Pflastertest):
    Pflaster mit allergenhaltiger Substanz werden auf die Haut (bevorzugt Rücken) geklebt und nach 24, 48 oder 72 Stunden abgelesen. Dieser Test dient zur Identifizierung von Typ-IV-Allergenen.

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3. Labortests

Bluttests:

Hier werden mit Hilfe von Blutproben die Reaktionsbereitschaft und spezifische Sensibilisierung gegen die untersuchten Allergene im Labor untersucht. Ein Kriterium ist das Vorhandensein spezifischer IgE-Antikörper. Mittels moderner Verfahren wird der Anteil an Antikörpern (Immunglubolin E) im Blut gemessen.Immunglobulin E bildet sich als Reaktion auf die körperfremden Substanzen, auf die das Immunsystem eines Allergikers empfindlich reagiert. Bluttests bieten sich daher zur Allergiediagnostik vor allem bei Babys und Kleinkindern an, denn sie sind für die kleinen Patienten weniger belastend, da nur eine Blutabnahme erforderlich ist. Vor allem aber steht auch bei einer starken Überempfindlichkeit für das Kind keine Gefahr.Zudem beeinflusst die Einnahme von Medikamenten das Ergebnis nicht, während Hauttests hierdurch verfälscht werden können. Schließlich kann der Arzt anhand der Ergebnisse des Labortests sogar die wahrscheinliche Allergie-Karriere seines Patienten vor-hersehen und mit geeigneten Gegenmaßnahmen oft Schlimmeres verhindern.

4. Nachanamnese und Provokationstest

Die Deutung des Testergebnisses erfordert immer eine Überprüfung durch Erhebung einer "Nachanamnese" (Ist der Patient überhaupt dem Allergen ausgesetzt? Passen Symptome und Testergebnis zusammen?). Ob der durch positive Hauttests und/oder Bluttests ermittelte IgE-Antikörper einer aktuellen klinischen Wirksamkeit des jeweiligen Allergens entspricht, kann nur durch direkte Prüfung am betreffenden Organ mit Hilfe eines Provokationstests endgültig geklärt werden.

Provokationstest:

Im Provokationstest wird das klinische Symptom (zum Beispiel Binde-hautentzündung mit Rötung und Augentränen, Asthma, Hautausschlag, Ekzem) reproduziert durch weitgehende Nachahmung der "natürlichen" Allergene.

Stichwort: Immunglobulin E

Das Immunsystem kann körperfremde Stoffe oder Krankheitserreger, so genannte Antigene, erkennen und stellt zu ihrer Abwehr spezifische Antikörper her. Diese Antikörper werden als Immunglobuline bezeichnet und unterscheiden sich in ihrem Aufbau und in ihrer Funktion voneinander.
Das Immunglobulin E (IgE) ist ein stark spezialisierter Antikörper, der vor allem bei der Abwehr von Wurminfektionen und bei Allergien eine Rolle spielt. Es stammt aus dem Lymphgewebe, das in der Nähe der Atemwege und des Verdauungstraktes liegt. Von dort aus gelangt es ins Blut. IgE ist nur in winzigen Mengen nachweisbar, lediglich 0,001 Prozent aller Immunglobuline sind IgE. Trotzdem ist es bei über 90 Prozent aller allergischen Prozesse maßgeblich beteiligt.
IgE ist, wie alle Immunglobuline, ein Eiweißkörper. Es kann sich leicht an andere Körperzellen ankoppeln. IgE ist vor allem in der Haut und in den Schleimhäuten zu finden. Kommen Allergene dort mit IgE in Berührung, bewirkt das IgE eine Veränderung in der Funktion verschiedener Zellen. Diese Veränderungen führen zur Ausschüttung von Stoffen aus den Zellen, die eine Entzündungsreaktion hervorrufen. Diese Stoffe werden Mediatoren oder Mittlersubstanzen genannt. Der bekannteste Mediator ist das Histamin. Die Mediatoren lösen dann zum Beispiel Hautrötungen, Juckreiz, Triefnase oder Asthma aus.
Für jedes Allergen gibt es auch ein spezifisches Immunglobulin E. Bei einer Allergie kann also mit Hilfe eines Bluttests, bei dem verschiedene IgE-Typen untersucht werden, sehr exakt nachgewiesen werden, welcher Stoff die Allergie ausgelöst hat.

(aus: Sonderpressedienst „Allergiediagnostik“, Juni 2003)

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