Impfen ohne Schmerzen

STIKO gibt Hinweise zur Schmerzreduktion beim Impfen

September 2016

Eine Angst vor Spritzen wird meist in der Kindheit erworben, und nicht selten sind negative Erfahrungen beim Impfen der Auslöser. Die Furcht vor dem Piks bleibt bei manchen ein Leben lang bestehen und beeinflusst die Einstellung gegenüber dem Impfen negativ, so dass notwendige Impfungen immer wieder hinausgezögert werden.
Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass die Ständige Impfkommission (STIKO) in ihren aktuellen Empfehlungen Tipps zur Schmerz- und Stressreduktion ausgesprochen hat. Impfende Ärzte, die die Hinweise zum schmerzreduzierten Impfen im Praxisalltag berücksichtigen, können so die Impfakzeptanz in der Bevölkerung fördern. Viele Impfungen finden im Kindesalter statt, weshalb in dieser Zeit schmerz- und angstreduzierende Maßnahmen besonders wichtig sind. Die wichtigsten Tipps der STIKO für diese Altersgruppe haben wir für Sie zusammengefasst.

„Saures“ und „Süßes“ bei den Kleinen

Säuglinge können, solange sie noch gestillt werden, während der Impfung angelegt werden, denn Stillen wirkt erwiesenermaßen schmerzlindernd. Doch Achtung: Wird der Säugling parallel gegen Rotaviren geimpft, sollte auf das Stillen eine Stunde vor und während der RV-Impfung verzichtet werden, da das Stillen zum Zeitpunkt der Impfung die Wirkung der RV-Schluckimpfung möglicherweise vermindern kann.
Bei Flaschenkindern oder bereits abgestillten Kindern kann ersatzweise ein bis zwei Minuten vor der Impfung eine Zuckerlösung aus dem Fläschchen und dann ein Schnuller gegeben werden.
Damit die Eltern für diese Maßnahmen gewappnet sind, empfiehlt die STIKO, sie bereits vor dem ersten Impftermin ihrer Kinder über die Möglichkeiten der Schmerzreduktion aufzuklären, z. B. bei der U3.

Körperkontakt hilft

Kleinkinder im Alter von weniger als drei Jahren sollten während der Impfung am besten auf dem Arm oder auf dem Schoß gehalten werden und nach der Impfung leicht geschaukelt und liebkost werden. Denn Körperkontakt dämpft Schmerzen erwiesenermaßen. Bei größeren Kindern können die Eltern die Hand halten. Kinder über 3 Jahre, Jugendliche und Erwachsene sollten möglichste aufrecht sitzen. Wer zu Kreislaufreaktionen neigt, sollte im Liegen geimpft werden.

Ehrlich währt am längsten

Kinder ab einem im Alter von drei Jahren (natürlich auch Jugendliche und Erwachsene) sollten direkt vor der Injektion darüber aufgeklärt werden, was beim Impfen passieren wird und wie sie mögliche Schmerzen oder Angst am besten bewältigen können, z. B. durch Drücken der Hand von Mutter oder Vater.  „Das tut nicht weh“ gilt nicht, denn es ist nicht wahr.

Ablenkung: erlaubt ist, was hilft

Ablenkung hingegen ist ein probates Mittel und wird von der STIKO für Kinder bis zu einem Alter von sechs Jahren direkt vor und nach der Injektion empfohlen. Hierbei sind der eigenen Phantasie keine Grenzen gesetzt – von Gesprächen über Musik oder Videos bis hin zum Windrädchenblasen ist alles möglich. Erwachsene können mit der Bitte, leicht zu hüsteln oder kurz die Luft anzuhalten, abgelenkt werden, so die STIKO.

Schmerzstillende Medikamente

In Einzelfällen können vor der Injektion Lidocain-haltige Schmerzpflaster oder Cremes angewendet werden, dabei ist natürlich die Mindesteinwirkzeit von 30 bis 60 Minuten zu berücksichtigen. Eine orale Analgetika-Gabe vor oder während der Impfung ist nicht empfohlen.

Allgemeine Empfehlungen zu Injektionstechniken

Die STIKO empfiehlt, intramuskuläre Injektion altersunabhängig ohne Aspiration vorzunehmen. Der Grund: Das Zurückziehen des Spritzenstempels ist überflüssig, da an den Körperstellen, die zur Injektion verwendet werden, keine großen Blutgefäße existieren (M. deltoideus, M. vastus lateralis). Werden mehrere Impfungen am selben Termin gegeben, soll die schmerzhafteste Impfung zuletzt injiziert werden. Besonders schmerzhaft können die Injektionen der Pneumokokken- und der MMR-Impfung sein.

Deutsches Grünes Kreuz e. V.: Häufige Fehler vermeiden

Manche Impflinge leiden nach der Injektion unter stärkeren Lokalreaktionen. Ein Grund dafür kann sein, dass die Impfung versehentlich subkutan statt intramuskulär erfolgte.
„Vor allem bei Adsorbatimpfstoffen ist darauf zu achten, dass sie auch tatsächlich in den Muskel gelangen, da eine subkutane Applikation zu stärkeren Reaktionen an der Einstichstelle führen kann“, erläutert Dr. Sigrid Ley-Köllstadt, ärztliche Leiterin beim Deutschen Grünen Kreuz e. V. Ein weiterer möglicher Grund für eine stärkere Lokalreaktion ist, so Ley-Köllstadt, eine mit dem Impfstoff benetzte Injektionsnadel. Dies mache die Injektion gerade von adjuvantierten Impfstoffen schmerzhafter, da Impfstoff in die Subkutis gelangt.
Lebendimpfstoffe werden in der Regel subkutan appliziert. Die Resorptionszeit ist dabei länger als bei intramuskulärer Gabe. Einige Lebendimpfstoffe dürfen wahlweise subkutan oder intramuskulär injiziert werden. Manchmal kann dann die intramuskuläre Verabreichung sinnvoller sein, weil bei der subkutanen Injektion stärkeres Brennen an der Einstichstelle auftreten kann – was besonders für Kinder unangenehm ist.

Quellen:

  1. Robert Koch-Institut: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut – 2016/2017; Epidemiologisches Bulletin Nr. 34 vom 29. August 2016; DOI 10.17886/EpiBull-2016-0512.
  2. Ute Arndt & Sigrid Ley-Köllstadt: Impffibel für Medizinische Berufe; Herausgeber: Deutsches Grünes Kreuz e. V., Marburg, 1. Auflage 2015; ISBN: 978-3-9814825-5-3