Allergien & Impfen

Juli 2019

Eltern von Kindern mit Allergien sind, was das Impfen angeht, manchmal verunsichert. Sie befürchten Komplikationen oder eine Verschlechterung der Symptome.
Dabei ist zu bedenken, dass Kinder mit impfstoffunabhängigen Allergien – z. B. gegen Pollen – und auch allergiegefährdete Kinder durch Infektionskrankheiten genauso bedroht sind wie ihre gesunden Altersgenossen. Sie brauchen daher die gleichen Schutzmaßnahmen.

Hinweise für die Praxis

  • Die Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) nimmt in der Leitlinie Allergieprävention“ ganz klar Stellung: „Alle Kinder, auch allergiegefährdete, sollen nach den STIKO-Empfehlungen geimpft werden.“
     
  • Während einer Verschlechterungsphase einer allergischen Erkrankung sollte natürlich nicht geimpft werden, um das Immunsystem nicht zusätzlich zu beanspruchen.
     
  • Wird die Allergie eines Patienten mit einer Hyposensibilisierung behandelt, so sollten in der Regel 1-2 Wochen Abstand zur Hyposensibilisierungs-spritze eingehalten werden.
  • Es ist sinnvoll, Allergiker auf möglicherweise verstärkte Lokalreaktionen hinzuweisen.
     
  • Eine Kontraindikation kann eine Allergie gegen Bestandteile des Impfstoffs sein. In Betracht kommen vor allem Neomycin und Streptomycin sowie in seltenen Fällen Hühnereiweiß. Personen, die nach oraler Aufnahme von Hühnereiweiß mit anaphylaktischen Symptomen reagieren, sollten nicht mit Impfstoffen, die Hühnereiweiß enthalten (Gelbfieber-, Influenza-Impfstoff), geimpft werden.

IMPFSTOFF UNABHÄNGIGE ALLERGIEN

Verstärkte Lokalreaktionen möglich

Allergiker vertragen Impfungen in der Regel komplikationslos. Da sie jedoch oft erhöhte IgE-Spiegel haben und zu starken Histaminausschüttungen neigen, reagieren sie oft stärker auf Impfungen als andere Menschen. Dies beschränkt sich im Allgemeinen auf stärkere Lokalreaktionen wie Rötung, Schwellung, Juckreiz und leichte Schmerzen an der Impfstelle. Dabei handelt es sich nicht um eine allergische Reaktion.

Impfstoffe, die etwas größere Antigenmengen oder Adjuvantien enthalten und deshalb länger am Impfort verbleiben, verursachen stärkere Lokalreaktionen. Aus diesem Grund reagieren manche Allergiker auf Totimpfstoffe, vor allem auf adsobierte, etwas stärker als auf Injektionen mit Lebendimpfstoffen.

Sehr selten: Subakute allergische Reaktionen

Außerdem kann es zu sogenannten subakuten allergischen Reaktionen kommen. Sie treten erst einige Stunden bis zirka zwei Tage nach einer Impfung auf. Ausgelöst werden sie von nachfolgenden Abwehrreaktionen des Or­ganismus, wie es auch nach Infektionen der Fall sein kann. Dazu gehören gemäß Paul-Ehrlich-Institut, Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (PEI), vor allem allergische Reaktionen der Haut (Rötung, Ausschlag, Urtikaria). Sie sind sehr selten (1/10.000).

Neurodermitiker: vorübergehende Verschlechterung möglich

Bei der Neurodermitis kann es nach einer Impfung ebenso wie nach jedem Infekt zu einer vorübergehenden Verschlechterung des Hautbefundes kommen. Dies ist jedoch kein Grund, auf die Routineimpfungen zu verzichten – zumal es auch Berichte über eine Verbesserung der Neurodermitis-Symptome gibt.
 

ALLERGIEN GEGEN IMPFSTOFFBESTANDTEILE

Lokale Reaktionen

Im Falle einer bestehenden Allergie gegen Impfstoffbestandteile treten gelegentlich lokale allergische Reaktionen an der Injektionsstelle auf. Sie ähneln der normalen oder verstärkten Lokalreaktion mit ebenso harmlosem Verlauf und werden daher auch oft als solche gedeutet. Da bestehende Allergien auf Impfstoffbestandteile häufig Kontaktallergien sind, die sich nur bei Kontakt des Allergens mit den oberen Hautschichten bemerkbar machen, treten sie nach (intramuskulärer) Impfung wesentlich seltener auf, als man (bei bestehender Allergie) vermuten würde.

Systemische Reaktionen

Akute allergische Reaktionen auf Impfstoffbestandteile, sogenannte anaphylaktische Reaktionen (Typ-I-Allergie), sind sehr selten. Laut einer Analyse treten solche schwerwiegenden Reaktionen in 1,31 Fällen auf 1 Million Impfungen auf. Die Symptome entwickeln sich rasch (Minuten bis zu 4 Stunden) nach der Imp­fung. Dabei kann es zu Blutdruckab­fall, Übelkeit, Darmspasmen, Lidschwel­lungen, Spasmen der Atemwege bis hin zum anaphylaktischen Schock kommen. Durch eine gute Anamnese im Vorfeld der Impfung kann das Risiko einer solchen schweren Reaktion vermindert werden.

Mögliche Allergene

Mögliche Allergene, die in Impfstoffen vorkommen, sind Reste des Kulturmediums (z. B. Hühnereiprotein), Begleitstoffe (z. B. bestimmte Antibiotika, vor allem Neomycin und Streptomycin (nicht Penicillin!)), Hilfsstoffe (z. B. Konservier­ungs­mittel) und nur sehr selten das Impf-Antigen selbst. Eine genaue Auflistung aller möglicher allergieauslösender Substanzen in Impfstoffen finden Sie im Bundesgesundheitsblatt 2009 auf den Seiten vom Paul-Ehrlich-Institut.

Quellen:

  1. Präventions- und Informationsnetzwerk Allergie/Asthma, PINA e.V. Allergien und Asthma bei Kindern und Jugendlichen – das pina online-Buch, Kapitel Impfungen
  2. Schäfer, Torsten, et al.: S3-Leitlinie Allergieprävention – Update 2014; Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) und der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ); Allergo J Int 2014; 23: 186 unter www.dgaki.de
  3. Weißer, K., Barth, I., Keller-Stanislawski, B. / Paul-Ehrlich-Institut, Bundesinstitut für Sera und Impfstoffe: Sicherheit von Impfstoffen; Bundesgesundheitsbl. 2009 · 52:1053–1064; Online publiziert: 14. Oktober 2009 DOI 10.1007/s00103-009-0961-y
  4. Ley-Köllstadt, S., Arndt, U., Grüber, A. & Quast, U.: Schwierige Impffragen – kompetent beantwortet; Dritte, überarbeitete Auflage, 2013; Auflage 2020 in Planung
  5. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut im Epidemiologischen Bulletin (34/2018)
  6. McNeil MM et al.: Risk of anaphylaxis after vaccination in children and adults; J Allergy Clin Immunol. 2016 Mar;137(3):868-78
  7. Handbuch der Impfpraxis, 2. Auflage 2019 (in Vorbereitung); Kapitel 35 „Begleitsubstanzen in Impfstoffen“